Peterchens Tagebuch Fotoalbum Videos

Mittwoch, 30. September 2009

Anhang _ Erklärung : Der Fall Alice

Für Neugierige, Tüftler und Mathematiker
zum Nach- und Mitdenken der Klang- und Bedeutungsbeweise.

Für Geisteswissenschaftler, der tiefere SINN des Ganzen in [Eckigenklammern]

Formel I:
a = division
b = derision

c = Verspottung

analoge Schlussfolgerung
a = b
b = c

=> a = c
Fehler
: "=" steht für: "klingt wie" und "bedeutet" zugleich!
[SINN: Wortspiel im Englischen; "Alice"Buch wörtlich übersetzt, Wort übernommen:
derision = Verspottung]


Formel Peterchen
a = division
b = derision
c = Verspottung

Peterchens Beweisführung:
a = b
b = c ("habe aus ab, c gefolgert" )
[SINN: Wortspiel im Englischen; "Alice"Buch wörtlich übersetzt, Wort übernommen:
derision = Verspottung]


Formel II:
b = derision
a = division = Division
d = Konfusion

Konklusion Lehrer: "=": "klingt wie"
b = a
a = d
b = d ist richtig; (aus ba, d folgern; bzw. aus OW, E)
[SINN: Klang- und Wortspiel im GB, als auch im D, sinngemäss übersetzt, die Idee übernommen.]

Kapitel 12_Peterchen der Märchenerzähler

"Na ihr zwei. Was habt ihr denn für heute Abend ausgeheckt", fragte die Mutter, als sie die Tassen abstellte.
"Ach nichts, ich wollte Ali ein Märchen erzählen." sagte Peterchen.
"Den, vom gestiefelten Kater?" fragte die Mutter.
"Nein, den von >paamaksiz Ahmet<."
"Den, von wem?" fragte die Mutter verdutzt.
"Den vom >Fingerlosen Ahmet<. Ist ein türkisches Märchen."
"Wieso, erzählst DUdas Ali? Sollte nicht er, dir das Märchen erzählen."
"Ich kenne keine türkischen Märchen." sagte Ali.
"Wirklich nicht?" fragte die Mutter.
"Nee. Aber den >gestiefelten Kater<, den kenn ich schon. Find ich aber ganz doof. Ist gar nicht spannend."
"Was findest du denn spannend?" fragte die Mutter interessiert.
">Das tapfere Schneiderlein.< Da passiert so viel. Er fängt ein Einhorn, jagt ein Wildschwein und besiegt Riesen. Die sind hundert mal so gross wie er."
"Ach die Riesen." wand Peterchen ein. "Die sind in Wirklichkeit nur ein Kopf grösser als mein Papa."
"Wieso in Wirklichkeit?", fragte die Mutter.
"Weil er von ihnen geträumt hat", warf Ali ein.
"Nein, ich habe sie in echt gesehen. Und sie waren so stark wie ein Boxer und so lang wie ein Basketballspieler."
"So lank wie Dirk Nowitzki?"
"JA!"
"Ja, dann war er gar kein Riese", wandt Ali ein.
"War er doch! Basketballspieler sind doch riesig."
"Ja,sie sind riesig, aber keine Riesen", insistierte Ali.
"Für mich sind sie jetzt Riesen", sagte Peterchen.
"So Peterchen, ich muss in die Küche. Wie spannend das hier auch sein mag, sonst kocht mir der Topf über... ihr ruft, wenn ihr was braucht. Ja? Viel Spass ihr zwei!", sagte die Mutter und ging.

"Ach, das wird ganz doof. Lass uns draussen spielen gehen. Oder wir gehen zu mir und spielen Tomb Raider."
"Nee, später. Ich will dir das Märchen erzählen."
"Aber danach spielen wir Tomb Raider, okey?"
"Okey. Sitz jetz still und leih mir dein Ohr."
"Was willst du mit meinem Ohr?", fragte Ali.
"Ach das sagt man so. Und sei jetzt still und hör mir gut zu."
"Ja, ja, ich hör ja schon."
Und Peterchen fing an:

"Es war einmal, es war keinmal. Gottes Geschöpfe gab es viele an der Zahl. In einer Zeit, die längst vorbei, war es nicht gern gesehen, dass man viel ass und viel quasselte, weshalb ich mich heute kurz fasse. Ohne Geplapper und Geklapper, ohne Gefasel und Geschwafel,..."

"Was schwafelst du denn da? Dann fass dich eben kurz", nörgelte Ali. "Wann beginnt das Märchen denn endlich?"
"Halt's Maul, und hör mir zu!", schnauzte Peterchen ihn an, und erzählte weiter:

"Ich will dir erzählen eine Geschicht, Geflunker gibt es darin nicht. Schiefes ist schief und Krummes ist krumm, hör mir zu und sei nicht dumm. Hör mit dem Herzen, spitz die Ohren, mein Märchen ist der Wahrheit entsprungen. Nichts davon ist erlogen und kein Wort darin ist wahr.

"Das geht doch gar nicht! Wenn nichts darin gelogen ist, dann ist darin alles wahr", maulte Ali.
"Ach Ali, sei still und hör zu. Also weiter im Text."
"Was für ein Text. Du liest ja gar nicht."
"Nein, aber ich versuche hier ein Märchen zu erzählen, sei still und hör zu. Aaalso, wo war ich. So jetzt:

Denn in Vorzeiten war das Leben anders, da schneiderten Flöhe Kleider und Kamele feilschten auf den Märkten, Bauern siebten und harkten mit den Händen. In dieser Zeit, als Flöhe Schneider und Kamele Marketender waren, da lebte einst ein..."

"Das geht doch gar nicht das Flöhe Schneider sind", mischte sich Ali wieder ein: "Und was ist überhaupt ein Marketender."
"Ach, Ali, quassel doch nicht immer rein und hör mir zu", jammerte Peterchen.
"Du laberst einen Scheiss, kannst du nicht normal erzählen", sagte Ali.
"Es ist doch ein Märchen und es soll auch wie einer klingen", meinte Peterchen.
"Aber, Märchen klingen ja gar nicht so", erwiderte Ali.
"Ja, Deutsche. Das ist ja ein Türkisches", konterte Peterchen.
"Das gefällt mir aber nicht so. Erzähl halt ganz normal was passiert."
"Man, das macht mit dir überhaupt keinen Spass."
"Ja, und du nervst."
"Ich neve!? Du nervst! Hör doch zehn Minuten zu. Es ist total spannend."
"Okey, aber nur zehn Minuten, wenn es mir nicht gefällt, spielen wir Tomb Raider."
"Okey, abgemacht. Jetzt hör mal zu."
"Ja, fang aber nicht mit dem selben Scheiss an!"
"Okey..." Peterchen überlegte kurz, wie er anfangen sollte, dann begann er:

"Also, es war vor langer, langer Zeit, ich weiss nicht mehr wieviel Monde seither vergangen, da war der Padischah, einfach gekränkt und befahl deshalb, dass man seinem Sohn den Kopf abhackt..."
"Wieso war er gekränkt?" mischte sich Ali ein.
"Keine Ahnung."
"Aber er muss doch einen Grund haben, den Kopf von seinem Sohn abzuhacken."
"Er war einfach so gekränkt, hab ich doch gesagt."
"Ja, aber deshalb köpft man doch Leute nicht."
"In Alice in Wunderland, schreit die Herz-Königin auch andauernd: Hackt ihm den Kopf ab, hackt ihm den Kopf ab..."
"Stimmt." sagte Ali, und das schien ihn zu überzeugen. "Ja, erzähl dann weiter."

"Also er liess ihn nicht köpfen, sondern auf den Rat des Wesirs, wies er ihn aus dem Land. So ging der Prinz weg in ein anderes Land und fand auf dem Weg ein Stein der leuchtete... Nein, hör einfach zu. Er leuchtete einfach. Und den Stein stellte er nachts in sein Zimmer. Weil der König in der anderen Stadt verboten hatte nachts Licht zu machen, holte man ihn ab, weil in seinem Zimmer Licht brannte und der König fragte ihn: Wieso brennt in deinem Zimmer Licht. Ich habe verboten, nachts Licht anzuzünden. Und er sagte: Ich habe gar nicht Licht gemacht, es ist mein Stein, der leuchtet..."

"Meeensch, das ist langweilig. Okey, dann hat er eben Licht gemacht. Und der König köpft ihn halt dafür"
"Nein, das tut er nicht!! Er wünscht sich einen sackvoll Diamanten."
"Oh, wie schlimm! Eine brutale Strafe. Erzähl mir das Märchen doch ein andermal, wenn ich nicht schlafen kann", sagte Ali.
"Wieso denn das?", fragte Peterchen.
"Na, weil ich jetzt gleich einpenne. So langweilig ist der" und Peterchen gab auf.
Vielleicht war das Märchen doch nicht so spannend, wie er es anfangs gedacht hatte. Vielleicht lag es daran, weil er es geträumt hatte. Deshalb wirkte es wohl so lebendig.
Vielleicht lag es auch daran, wie toll Ahmet seine Lebensgeschichte erzählt hatte.
"Wenn ich nur so toll Märchen erzählen könnte wie mein Papa." dachte Peterchen "Dann hätte ich ihn dazu gebracht, still dazusitzen und mir zu zuhören. Mein Papa, hätte Ali sicher dazu gebracht mit offenen Augen und Ohren dazusitzen und zuzuhören. Er hätte nicht mal gemerkt, wie ihm der Sabber am Kinn runterläuft." Aber jetzt nahm Peterchen seine Jacke. Ali war schon vorgelaufen. Er konnte kaum abwarten Tomb Raider zu spielen. Er rief:
"Komm, schon,wo bleibst du?"
"Jaa, ich komm ja schon", erwiderte Peterchen und als sie die Treppen runterliefen, rief er:
"Ali!"
"Ja?", sagte der.
"Was hälst du davon, wenn wir Schwimmen gehen?"
"Waaas, du wilst schwimmen."
"Ja, die Sonne scheint so schön."
"Du und schwimmen! Spinn ich?"
"Ja und? was ist dabei?"
"Aber ich dachte du haaasst Schwimmen. Gestern hast du dich sogar vor dem Schwimmunterricht gedrückt!", brüllte Ali.
"Ja, das war gestern. Und heute ist heute", sagte Peterchen und Ali schüttelte seinen Kopf
"Du bist heute wirklich merkwürdig drauf", sagte er, gab Peter einen Klaps auf seinen Hinderkopf. Peter drückte ihm seinen Ellenbogen in den Bauch und zog ihm eine Grimasse. Ali hingegen versetzt Peterchen eien leichten Stoss in die Rippe und blickte ihn finster an. Peterchen wusste, dass Ali es nur spielte, deshalb pöbelte er ihn an. Ali spran auf ihn. Sie rangen und rauften. Plötzlich kicherte Ali: "Heeey! das ist unfair. Lass das!" Jetzt kicherte Peterchen auch: "Hör du doch auf."
"Nein du!"
"Nein, du!"
"Du hast angefangen."
"Hör auf zu kitzeln", schrie Peterchen.
"Du hörst zuerst auf", brüllte Ali kichernd.
Sie rangelten wieder. Ali zerzauste Peterchen die Haare, und dieser drückte ihm seinen Ellenbogen in den Bauch. Sie rangen noch kurz und mit einem Gelächter sprangen sie raus ins Freie.

"Nun?", fragte Ali. "Gehen wir schwimmen?" Peterchen nickte.
"Aber meine Schwimmsachen sind nass," meinte Ali.
"Meine auch!", erwiderte Peterchen.
"Warum denn das?", fragte Ali.
"Ach, das ist ne lange Geschichte", antwortete Peterchen.
"Bitte keine Geschichten mehr", maulte Ali.
"OK. Dann machen wir hier Schluss", meinte Peterchen.

"Duhu, wir können aber trotzdem schwimmen gehen", sagte Ali.
"Warum denn das. Die Sachen sind doch nass."
"Ist doch egal. Werden wir nicht sowieso nass."
"Ja, da hast du recht." Peterchen lachte.
"Ach, du willst doch nicht schwimmen gehen?", meinte Ali.
Peterchen schaute auf den Boden, dann rauf zu Alis Haus.
"Und? Gehen wir jetzt schwimmen?", fragte Ali, denn sie standen jetzt vor seiner Haustüre.
Peterchen schwieg. Sie blickten sich eine zeitlang stumm an, dann sagte Peterchen.
"Duhu, Ali!"
"Ja", ewiderte der.
"Lass uns doch Tomb Raider spielen gehen", meinte Peterchen.
"OK" nuschelte Ali. Dann grinste er:
"Wer zuerst oben ist! DER FÄNGT ZUERST!" schreiend rannte er die Treppe hoch.
"Das ist unfair" brüllte Peterchen ihm hinterher, und nahm zwei Stufen gleichzeitig.



Das ist das ENDE der Geschicht,
mehr zu erzählen, gibt es nicht.

Oder doch?
Abwarten und Tee trinken.
Am besten einen Cay, einen dunklen und lang gezogenen.

Kapitel 11_Keiner versteht 'was

"Aaauf-Wachen! Auuuf-waaachen! Wach auf. Wachst du endlich auf, Peter!" hörte Peterchen. Sein Körper schüttelte sich noch heftiger.
"Au!" schrie er und sprang auf. "Was zwickst du mich."
"Mann, bist du ein Siebenschläfer. Hey es ist zwei Uhr durch. Was schläfst du so lang!", nörgelte Ali.
"Ach, du bist es. Ich dachte es sind die Läufer, die so schreien."
"Was für Läufer? Spinnst du jetzt total?" fragte Ali.
"Ach, ich war gerade.."
"Du warst gerade im Bett, du Idiot."
"Nein, ich war gerade ein Henker."
"Hast du das geträumt."
"Nein, ich war es wirklich."
"Jetzt spinnst du total. Hast du gestern was Schlechtes gegessen." Er schaute auf den Boden und sah das Buch: "Die schönsten Märchen der Gebrüder Grimm" aufgeschlagen auf dem Boden liegen.
"Ach, ich versteh, du hast gelesen! Ja, das kommt davon, wenn man so blöde Märchen liesst."
"Mann, ich habe gar nicht aus dem Buch gelesen. Ausserdem habe ich was ganz anderes geträumt. Kennst du Ahmet."
"Natürlich kenn ich Ahmet. Der wohnt ja gleich über uns. Seit wann redest du denn mit dem Idioten."
"Nein ich meine den fingerlosen Ahmet."
"Wieso, der hat doch alle Finger. Spinnst du jetzt total?"
"Ach, Ali, ich meine die Geschichte vom "paamaksiz Aamet""
"Hey, woher kannst du denn das?"
"Was?"
"Türkisch."
"Kann ich ja gar nicht."
"Doch. Du hast 'parmaksiz' gesagt."
"Und?"
"Das heisst: fingerlos."
"Echt"
"Ja."
"Ja, und kennst du seine Geschichte."
"Nö, woher denn."
"Du bist doch Türke."
"Und?"
"Du hast gesagt, dass parkaksiz türkisch ist."
"Und?"
"Dann ist die Geschichte von Paamaksiz Aamet auch ein türkisches Märchen."
"Wieso das?"
"Na,weil das so ist."
"Und, woher kennst du das Märchen."
"Weil ich geträumt hab, ich wär eine Katze?"
"Du hast geträumt du wärst eine Katze und deshalb kennst du das Märchen von "parmaksiz Ahmet"?"
"Ja."
"Versteh ich nicht."
"Ich hab ihm das Leben gerettet und er hat uns seine Lebensgeschichte erzählt."
"Wer ist uns? Ich versteh immer weniger."
"Ja mir und dem Scheih."
"Wo kommt denn der Scheih her."
"Den hab ich angehalten,damit er ihn aus dem Brunnen rausholt."
"Peter, jetzt mach mal halb lang. Was für ein Brunnen, was für ein Scheih?"
"Na gut, dann erzähl ich dir meinen Traum. Aber dafür müssen wir uns hinsetzen. Ich sag meiner Mami, sie soll uns CAY, machen, einen schönen dunklen."
"Hey, woher kennst du Cay?" fragte Ali verwundert.
"Alles der Reihe nach. Ich weiss auch was, das du nicht verstehst."
"Ja, was denn?" fragte Ali überheblich, der etwas altklug war und auf alles eine Antwort wusste.
"Wenn du so klug bist, dann sag mir doch was du verstehst, wenn ich sage: Hiiieec biiaaascheeeei aaanaamadiiieeem,"
"Was? ich hab nichts verstanden sags noch mal."
"Hiiic biiiischeei aanaamadiiim."
"Achso! Ich habe nichts verstanden."
"Siehst du, du verstehst auch nicht alles."
"Doch!"
"Nein, du hast es ja nicht verstanden."
"Ja, du hast mich ja gefragt, was es bedeutet."
"Ja, und du hast nichts verstanden."
"Ich hab nur deine Frage beantwortet."
"Welche frage?"
"Na was ich verstehe."
"Ja, und du hast gesagt: Ich habe nichts verstanden."
"Ja, weil du so undeutlich geredet hast, hab ich dich zuerst nicht verstanden."
"Ja, aber danach hast du wieder gesagt: Ich habe nichts verstanden."
"Ja, weil ich dich dann eben richtig verstanden habe."
"Ja, und wieso sagst du dann: Ich habe nichts verstanden."
"Na, weil ich dachte, du willst, dass ich dir sagen,was ich verstehe."
"Also, jetzt verstehe ich gar nichts mehr."
"Ich dachte, du hast Türkisch gelernt, weil du parmaksiz und cay kanntest."
"und?"
"Ja, da dachte ich, ich solle dir übersetzen, was: Hic birsey anlamadim, bedeutet."
"Hey, du kannst es ja super sagen. Genauso wie die Leute."
"Natürlich..-- Welche Leute?"
"Ach das ist ne andere Geschichte. Aber wenn du das verstehst, dann muss das ja Türkisch sein."
"Ja, ist es ja auch."
"Hmmm, dann haben die alle Türksich geredet."
"Wer denn? Jetzt redest du wieder in Rätseln."
"Ach, das erzähl ich dir ein andermal. Aber zuvor will ich dir von parmaksiz Ahmet erzählen." Dann rief Peterchen nach seiner Mutter.
"Maamiiiiieeee!"
"Ja, Liebes!" rief sie aus der Küche.
"Kannst du uns schönen heissen Tee kochen", erwiderte Peterchen und die Mutter rief:
"Sicher Schatz. Ich mach einen schönen heissen Kakao und bring es euch ins Zimmer."
Peterchen grinste verlegen Ahmet an und sie schwiegen. Da sagte Ali:
"Komm fang schon an."
"Nein. Ich warte, bis unser CAY da ist."
"Peter! deine Mami macht uns doch: Ka-ka-oh."
"Trotzdem. Ich sag kein Pips, bis Mami da ist", sagte Peterchen und verstummte. Beide guckten vor sich auf den Boden. Peter wiegte sich und Ali popelte am Teppich rum. Da hörten sie schon die Fussschritte der Mutter.

Kapitel 10_ Der Kreislauf

"Jetzt ist es soweit!", gestand sich Peterchen und beäugte die zwei Männer, die ihn, an beiden Armen gepackt, voranzogen :
"Wo bringt ihr mich jetzt hin?" fragte er
"Zum Kreislauf!" antworteten diese zu seiner grössten Verwunderung.
"Zum Kreislauf?", echote Peterchen. Heisst das Schafott neuerdings Kreislauf!? wunderte er sich und wagte zu fragen:
"Was ist ein Kreislauf?"
"Das ist ein Ort wo Läufer um den Kreis laufen" antworteten die Wächter, wider seiner Erwartungen.
"Und was soll ich da?" fragte Peterchen gespannt und ängstlich zugleich.
"Auf einen Knopf drücken."
"Warum denn dass?"
"Damit du dafür einen Gold-Dukaten bekommst?"
"Was soll ich!?"
Peterchens Verwunderung wuchs immer mehr. Einen Golddukaten bekommen? War das vielleicht ein anderes Wort für Stromschläge? Hier war ja alles möglich. Sie sagten was anderes, als was er dachte. Um sich zu vergewissern, ob sie beide das selbe meinten, fragte er die Wächter nochmal:
"Ich bekommen wirklich einen Golddukaten, einen echten?"

"Ja, wenn du auf diesen Knopf hier drückst." sagten sie und stellten ihn hinter ein Podest mit einem Knopf. "Sieht aus wie ein Buzzer bei den Quizshows" dachte Peterchen, und stellte sich dahinter, als würde er Fragen beantworten, doch er fragte wie ein Richter hinterm Pult.
"Was ist, wenn ich auf den Knopf drücke?".
"Dann bekommst du einen Golddukaten."
"Warum?"
"Weil du auf den Knopf gedrückt hast."
"Weshalb."
"Weshalb was?"
"Weshalb muss ich auf den Knopf drücken."
"Damit du einen Golddukaten bekommst."
Mit denen kann man nicht vernünftig reden, dachte sich Peterchen und wiederholte um sicherzugehen:
"Ich muss also nur auf diesen Knopf drücken, das ist alles?"
"Ja."
"Und dann bekomme ich einen Goldtaler." .
"Ja", sagten sie und verschwanden.

Da kamen schon die Läufer angelaufen. In einem Umkreis von hundert Metern liefen sie um ihn herum. Dicht an dicht, dass sie sich dabei andauernd auf die Füsse traten.
"Hier nimm das?"
Peterchen fuhr erschrocken zusammen. Als er sich umdrehte, sah er einen der Wachmänner, der ihm einen Stiefel reichte.
"Wieso? Was soll ich denn mit einem Stiefel. Bin ich der einbeinige gestiefelte Kater?"
"Nein." rief er und war weg.
"Und, was soll ich damit?" rief ihm Peterchen hinterher.
"Damit du deine Goldtaler reintun kannst." schrie er zurück und als er wieder da war fragte Peterchen:
"Wieso das?"
"Immer wenn du drückst bekommst du einen Taler. So hast du was, wo du die Taler sammeln kannst."
"Was? Sie sagen, ich kann so oft drücken, bis ich den Stiefel voll hab?"
"Ja, sicher..." sagte er und war schon wieder weg.
"Nun, wenn das alles ist, was ich machen muss", dachte sich Peterchen und freute sich, dass er doch glimpflich davon gekommen war.
„Na dann drücke ich eben mal auf den Knopf!" und kaum drückte er auf den Knopf, da hörte er plötzlich ein lautes >Raaatsch!< und gleich darauf ein dumpfes >Rumps!< Dann rollte ihm ein Kohlkopf zu den Füssen.

"War das alles?" fragte er den zweiten Wachmann, der angelaufen kam und hinter sich noch eine Herde von anderen Läufern brachte: "Ja" rief er im Vorbeilaufen und stellten einen Esel, der neben ihnen hertrabte, neben den Stiefel. "Und was war das für ein Geräusch?"
"Ach, nichts!", rief der Wachmann und war weg.
Der Esel blieb stehen, schnupperte am Kohlkopf und machte sich daran es zu fressen, dann drehte er sich um, hob seinen Schwanz hoch und Schrieee ganz laut: "Iiiaaaah, iiaaaah!" als würde er Schmerzen haben. Da kam aus seinem Hintern ein Goltaler und plumste in den Stiefel. >Plums!<
Peterchen starrte den Esel verwundert an, kratzte sich am Kopf und drückte dann auf den Knopf.
Und wieder: ein >Raaatsch!< und gleich darauf ein dumpfes >Rumps!< und wieder rollte ein Kohlkopf, den der Esel frass. Als, würde der Kohl ihm Bauchschmerzen bereiten, fing er wie am Spiess zu brüllen an: "Iiiaaaah, iiaaaah, iiiiiiiaaaaaaahh!" und aus seinem Hintern plumste ein Goltaler in den Stiefel und: >Plums!<
Peterchen drückte nochmal. Und wieder dieses >Raaatsch!< und gleich darauf dasselbe dumpfes >Rumps!< Und wieder, Kohlkopf--fressen: "Iiiaaaah, iiaaaah!", der Goldtaler in den Stiefel und: >Plums!<
Peterchen drückte:
Ein >Raaatsch!< und ein >Rumps!<, Kohlkopf rollen, fressen, >Iiiiaaaah, iiaaah!< und >Plums!<,
Drücken: >Raaatsch!< >Rumps!<, >Iiiiaaaah, iiaaah!<, >Plums!<.
Das Gerumple, Geplärr und Geplumse ging zehn Minuten so. Peterchen drückte auf den Knopf, es rumpste, ratschte, die Läufer liefen um ihn herum, der Esel schrie und der Stiefel füllte sich. Da bemerkte Peterchen plötzlich, dass die Läufer jetzt viel weniger waren. Sie waren nicht mehr so dicht und traten sich nicht auf die Füsse. Er fragte einen der Läufer:
"Duu? Duuhuuuu!". Doch keiner blieb stehen, alle liefen sie, als würde hinter ihnen ein Bullterrier laufen. So lief er mit und fragte einen im Laufen: "Duuhuu!"
"Hör auf zu laufen." schnauzte ihn der Läufer an.
Verdutzt blieb Peterchen stehen. Als der an ihm vorbei lief, fragte er: "Wieso soll ich denn nicht laufen?"
"Weil dir dann dasselbe geschieht wie uns."
"Ja, was denn?" fragte Peterchen.
"Wenn du einmal angefangen hast zu laufen..." sagte der Läufer hinter ihm.
"dann darfst du nie aufhören." sagte ein anderer Läufer und der hinter ihm redete weiter:
"und wenn du aufhörst..."
Jetzt schrien sie alle gleichzeitig:
"Dann hackt dir die Herz-Königin den Kopf ab."
"Aber ich habe hier noch nie einen Henker gesehen. Nie hat die Königin einen geköpf." sagte Peterchen.
"Was, denkst du denn, was du hier die ganze Zeit machst." kam es aus dem Kreislauf.
"Ja, das läuft so, bei uns."
"Und wer nicht im Kreis läuft, der wird dann geköpft."
"Und ich dachte, dass die Läufer nach Hause gegangen sind, weil sie nicht mehr konnten." sagte Peterchen.
"Von wegen... Hackebeil!" riefen ihm die Läufer zu.
"Ja. >Ratsch!< und Kopf ab." sagte einer und machte die Handbewegung.
"Dann, >Plums!< fällt der Kopf auf den Boden, verwandelt sich ein ein Kohlkopf und rollt zu dem Esel."
"Der frisst den Kohl und verwandelt ihn in einen Goldtaler."
"Dann ist der Stiefel voll mit den Köpfen, von geköpften Läufern." fragte Peterchen und drückte auf den Knopf. Ein >Raaatsch!< und ein >Rumps!<, der Kohlkopf rollte zu seinen Füssen, der Esel frass, brüllte >Iiiiaaaah, iiaaah!< und drückte den Goldtaler raus: >Plums!< fiel er in den Stiefel.
"Und was, wenn ich nicht mehr drücke?"
"Dann bist du ein Weg-läufer."
"Ja und?"
"Dann kommst du in den Kreislauf, in den alle Weg-Läufer kommen."
"Und wohin?" fragte Peterchen.
"Na hierher."
"Aber ich bin doch hier!"
"Nicht, wenn die Wachen dich abholen."
Peterchen hörte ihnen zu und drückte während dessen fleissig auf den Knopf.
>Rrrrrriiitsccchhh!<
"Die holen dich, ab..." fingen die Läufer zu reden an.
>Rrrrruuuumps!<
"...und ziehen dir die Laufschuhe an."
Kohlkopf rollt an. Esel frisst.
"Dann bist du ein Läufer."
>Iiiiiiiaaaaaah, iaaaah!<
"Sie bringen dich hierher und du musst im Kreis laufen."
>Plumps!<
"Und wenn du nicht mehr kannst, bringen sie dich zum Hackebeil, und du wartest, bis einer auf den Knopf drückt.
>Rrrrrriiiiiitscccchh!<
"Und alles ist dann aus..."
>Rrrrrumps!<
"...oder es beginnt von Neuem. Wie man's nimmt."
>Iiiiiaaaaah, iiiiiaaaaah, iiiiiiiiiiaaaaaaaaaaah<
"Aber ich kann nicht mehr, mein Finger tut mir schon weh."
>Plums!<
Plötzlich schrien,die Läufer aus einem Munde:
"Waaaachen, Waaaachen! Auf! Ein Weg-Läufer!"
"Hey, ich laufe ja gar nicht." sagte Peterchen
"Ja, wenn du aber nicht mehr weiterdrücken willst, weil dir der Finger weh tut, dann bist du ein Weg-Läufer." sagten sie und schrieen,
"Waaaachen, Waaachen, AUF! auf! Waaaachen! Da ist ein Weg-Läufer, fangt ihn. Auf! Waaachen."
Und Peterchen, spürte wie durch seinen Körper ein Schütteln ging.
Peterchen zitterte nicht aus Angst. Sein Körper schüttelte sich auch nicht aus Furcht. Nein, Bange hatte Peterchen wirklich nicht. Vielleicht waren es seine Füsse, die weglaufen wollten, und weil er noch an der Stelle stand, rüttelte und schüttelte sich sein Körper und er hörte die Läufer schreien.
"Waaaachen, Waaachen, AUF! auf! Waaaachen! Auf! Waaachen! Aaauf!"

Dienstag, 29. September 2009

Kapitel 9 _ Die Märchenfahrt

Knurrend und heulend, kamen sie aus Peterchens Mund herausgerannt, und versammelten sich vor seiner verdutzten Nase. Plötzlich hörte Peterchen mit dem Gähnen auf.
"Loss, zu seiner Sohle!", hörte er einen Wolf knurren. Peterchen war so perplex, das er gar nicht mehr reagieren konnte. Die Wölfe rannten zu seiner Sohle und zerrten daran.
Sie zerrten, zogen, knurrten und knabberten an seiner Sohle, bis Peterchen meinte ein Kitzeln an seinem Ballen und an der Verse zu spüren.
Kaum dachte Peterchen „Hoffentlich zerfleischen sie meine Füsse nicht“, da trennten die Wölfe schon seine Schuhsohlen.
„Huch! Was passiert denn jetzt?“ Peterchen schielte zu seinen Zehenspitzen. Da kam gerade eine Gruppe starker Männer aus seinen sohlenlosen Schuhen herausgestampft. Sie trugen ein Zelt auf ihren Händen. Peterchen folgte ihnen mit den Augen, wie sie an ein freies Gelände gingen und dort das Zelt aufrichteten. Es schien, als würden sie sich hier auskennen und das jedes Jahr so machen.

Peterchen hob seinen Kopf, so gut es ging, um die kleinen Wesen zu sehen, die vor seiner Nase wuselten. Er war ja schwer wie ein Berg, und konnte sich kaum rühren. So hob Peterchen seinen Kopf ganz bedächtig, als würde er Tonnen von Felsgestein bewegen. Jetzt versuchte er zu sehen, was da noch aus seiner Schuhsohle rauskam.
"Ich wusste gar nicht, dass in meiner Schuhsole Leben drinnen steckt", dachte er und lauschte angestrengt. Irgendwoher kam Leierkastenmusik. Auch das schien aus seinen Füssen zu kommen. Deutlich hörte Peterchen noch ein Piepen und Grunzen. Dann kam um seine Füsse ein Bär in einem Tütü gebogen. Er schwebte auf seinen Tatzenspitzen tänzelnd voran, und hinter ihm rollte ein Leierkastenwagen, worauf eine kleine Maus sass. Sie drehte an einem Rad, und regulierte so die Geschwindigkeit der Melodie .
"Was soll denn das?" fragte sich Peterchen.
Was er sah war so befremdelnd, dass er darüber nicht mal lachen konnte. Wie der tumbe Bär in dem luftigen Tütü um den Hüften sich im Kreis drehend voranschwebte.
"Ich geb dir den Namen >Bäralina!<" sagte Peterchen zu sich, um sich irgendwie selbst zu unterhalten. Keiner machte den Anstand mit ihm zu reden. Als sei er ein Berg, stumm und dumm.
"Ich hab mich gar nie gefragt, ob Berge dumm sind?" kam Peterchen ein Gedanke. "Wie komm ich denn jetzt drauf." Doch weiterdenken, konnte er nicht.
Ein vorbeifliegender Fisch zog seine Aufmerksamkeit auf sich.
"Ich weiss, dass es fliegende Fische gibt", stellte Peterchen fest. "Aber die leben im Ozean, und springen kurz fliegend über das Wasser. Aber so herumfliegen tun sie nicht..." und er starrte den Fisch an, der vor seine Nase auf dem Platz herumflog, und hinter sich einen beinlosen Jungen zog, der anstatt seiner Beine zwei Räder unter seiner Hüfte hatte. Peterchen wusste nicht was er davon halten solle: "Entweder führt der Junge den Fisch gassi, oder er segelt auf dem Land..." doch er kam nicht weiter darüber nachzudenken. Denn ein plötzlicher Knall liess ihn hochschrecken, dass die Erde bebte und alle in Aufregung gerieten.
Als Peterchen zu der Stelle guckte wo der Knall herkam, sah er dort einen Wal. Halb so gross wie er, aber dennoch, er war riesen gross. "Der ist kleiner als ich, aber immerhin so gross wie ein Palast oder diese neuen Multiplexx-kinos!" dachte Peterchen, und wunderte sich nicht, dass dieser Wal gerade vom Himmel herunter gefallen war. Er blickte sich weiter um, und sah hinter dem Wal in sicherer Entfernung eine riesengrosse Schlange. Sie kämpfte gerade mit einem Elefanten. Als der Elefant einsah, dass die Schlange ihn besiegt, wollte er wegrennen, doch die Schlange riss ihr Maul auf, verrenkte ihren Kiefer, und nahm den Elefanten in sich auf. Dann schloss sie ihr Maul, und die Stosszähne vom Elefanten, blieben draussen hängen. Die Schlange wand sich. Sie war zu weit weg, dass Peterchen ihr gequältes Gesicht hätte sehen können. Er sah nur eine verbeulte Schlange aus dem Weiten und dachte sich. "Der sieht ja aus wie ein Hut. Genauso einen Hut hatte auch Antoine!"

Nun, war vor Peterchen ein kleiner Zirkuszelt aufgestellt worden. Und Peterchen sah einen winzigen Bären auf ihn zukommen. Er schaute hoch, als würde er vorbeifliegende Zugvögel beobachten. Dabei versuchte er, den Kopf von Peterchen zu finden. Er war ja soo gross, das sein Körper, für die kleinen Wesen, sehr unförmig erschien.
Der Bär schaute ihn an. Seine Augen lugten zwischen der Kapuze seines Dufflecoats und einem leuchtend bunten Schal hindurch, den er sich fest um den Hals und Kinn gewickelt hatte. Das, was von seinem Gesicht noch zu erkenen war, verriet höchste Verwunderung und Aufregung über das, was er vor sich sah.
Dann lief er zu den Gemüsebeeten, dass die Leute während des Zeltbaus angelegt hatten. Er blieb dort stehen und fing an, mit den Pfoten, die Erde zusammenzuschieben. Er versuchte sie zu festen runden Bällen zu formen, doch die Erde war zu trocken. Der Bär lief zu einem Brunnen, holte ein Kübel Wasser und goss es auf die Erde, pantsche damit etwas und machte jetzt kleine Erdbälle. Mit jeweils fünf in der Hand, lief er wieder zu dem Berg, der ein Kopf zu haben schien, und zielte auf dessen Mund. Doch er war zu klein, dass seine Bälle in die Nähe des Kopfes kamen. Peterchen beobachtete die kleine Gestalt mit prüfendem Blick. "Was hat der denn vor?", fragte er sich, und schaute rüber zum Wal, was seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Denn davor hatten sich eine Menge Leute versammelt, und guckten dabei zu, wie einer einen Schild an die Stirn des Wals nagelte, und Peterchen las drauf >WAL-Lokal<. Ein Mann stellte sich vor die Bartenhaare des Wals, und alle blickten ihn an. Er schien auf etwas zu warten. "Vielleicht wartet er auf den Bären", dachte Peterchen und sah skeptisch zum Boden hinunter. Doch der Bär war weg. Stattdessen spürte Peterchen an seinem Hintern ein Jucken, dann ein Pieksen. Er konnte sich nicht erklären was da geschah, doch er hatte das Gefühl, dass jemand ihm einen Loch in seinen Hintern bohrte. Nun kam irgendwoher hinter seinem Kopf ein lautes Pfeifen und Zischen. Für sein Geschmack hörten sie sich ein bisschen zu nah an. Von dem Heulen gebranntmarkt, fürchtete Peterchen, dass das Pfeifen und Zischen auch aus seinem Körper herauskäme, aber woher genau?

Peterchen war nicht der Einzige, dem das extrem laute Zischen auffiel und Sorgen machte. Aus dem Platz vor dem Wal-Lokal, wo Herr K., der Zirkusdirektor eine Rede halten wollte sandte dieser selbst, manchen Blick zum Himmel, während er versuchte, seine Rede zu halten. Zwar war es für die Jahreszeit sehr mild, aber ein Gewitter bei der Saison - das war doch sehr ungewöhnlich. Die ganze Sache gefiel ihm nicht.
"Mein Güte", grunzte er vor sich hin. "Das hat uns gerade noch gefehlt!"
Herr K.'s Miene verdunkelte sich zunehmend. Nichts lief so, wie es sollte. Der Tag hatte schon schlecht angefangen, als der Wal zum Eröffnungsfestakt herunterfallen sollte, und dann zu nah am Zelt, herunterklatschte und fast einige Aufbauer zerquetschte. Und das jetzt noch ein ausserordentlich lautes Zischen und Pfeifen seine Rede störte, brachte das Fass zum Überlaufen.
Ein paar Mal versuchte er seine Rede fortzusetzen, aber immer, wenn er den Mund öffnete, kam lautes Zischen dazwischen. Auch die Zuhörer wurden allmählich unruhig.
Der Junge mit dem fliegenden Fisch schaute sich ängstlich um:
"Wenn mir nur jemand sagen könnte, wo der Bär steckt?" sagte er. "Dass er den Festakt verpasst ist nicht so schlimm, solange er nichts Schlimmes anstellt."
"Mensch!" schrie der fliegende Fisch zu dem Jungen, und riss sein Maul in Richtung des Berges auf. "Seht doch!"
"Du lieber Himmel!", schrie Herr K., der mit den Augen der Flosse des Fisches gefolgt war. "Das Zischen kommt von dem Berg! Er bewegt sich!!"
Der Anblick, der sich nun bot, lies alle versammelten Leute die Augen aufreissen. Der Berg ruckelte. Zuerst etwas, dann heftig und immer schneller. Er schien kleiner zu werden. Das Zischen und Pfeifen, war so laut geworden, dass alle die Ohren zu hielten.
Und ein >Aaaahh!< und ein >Ooooh!< ging durch die Menge, als sich der Berg in die Luft hob und höher und höher stieg, und dabei immer kleiner wurde. Dann kam er runtergesaust, flog über den Platz. Es zischte und pfeifte. Allmächlich wurde das Zischen und Pfeifen leiser. Die Leute dachten, weil der Berg so weit weg geflogen war. Aber das stimmte nicht. Er wurde kleiner. Wie ein Luftballon, dessen Luft rausschiesst, so flog auch aus dem Berg die Luft raus und er verkleinerte sich. Im Hohen Bogen flog er in der Luft, kreiste, zischte über ihre Köpfe hinweg, dass alle sich ducken mussten. Der Berg, war nun so klein wie ein Felsgestein und kreiselte mehrmals über ihre Köpfe, bis er schliesslich mit einem lauten Getöse gegen den Wal krachte, und an ihm entlang runterrutschte.

"Der Schöpfer steh mir bei!", schrie Herr K., als er einen Jungen aus dem sandigen Boden aufstehen, und sich die nackten Knie abklopfen sah. Als dieser einen Schritt gehen wollte, torkelte er und fiel wieder um.
"Es ist ein Junge!", schrie der Bär im Tütü, und stellte sich noch mehr auf seine Bärentatzenzehe, um ihn über die Köpfe der Leute hinweg, besser sehen zu können.
"Er ist ja ganz nackt!" schrie einer aus der Menge.
"Komm bringt ihm was zu bedecken, --- Du! Futluus, bring ihm schnell was zum Anziehen!" orderte Herr K., der Zirkusdirektor, dem beinlosen Jungen an, und dieser rollte mit dem Fisch davon.
"Ist Ihnen was passiert?" fuhr er fort und kam von den Bartenhaares des Wals zu dem Jungen. Er streckte ihm seinen Arm.
"Mir, mir gehts gut!" stotterte der Junge und griff nach seiner Hand. Herr K. fragte ihn:
"Wer bist du denn mein Kind ?"
Er schien etwas eingeschüchtert und sagte zögernd:
"Bitte- ich- im Augenblick weiss ich es wirklich nicht. Ich weiss genau, wer ich gestern abend beim Insbettgehen war, aber inzwischen bin ich dauernd etwas anderes geworden", und versuchte aufzustehen und fiel wieder hin.
"Was soll das heissen?" fragte ihn Herr K. "Erkläre mir das!"
"Aber ich kann es Ihnen nicht erklären!" erwiderte der Junge und stand mit Herr K.s Hilfe auf. "Wirklich - weil ich nicht ich selber bin, verstehen Sie?"
"Nein", sagte Herr K. und die Leute hinter ihm reckten die Hälse und streckten die Köpfe.
"Es tut mir schrecklich leid", sagte der Junge höflich und versuchte zu gehen und torkelte, "aber ich kann es nicht besser erklären, weil ich es selber nicht verstehe. Man kommt ganz durcheinander, wenn man immer wieder etwas anderes ist."
Herr K. hielt ihn am Arm:
"Aha, ist das so?", erwiderte er und versuchte mit ihm, einige Schritte zu gehen.
"Wie soll ich ihnen das erklären...", sagte der Junge zögerlich.
"Wenn Sie eines Tages von hier gehen - das bleibt nicht aus, wissen Sie - und sich in einen Engel verwandeln, dann kommt Ihnen das sicher auch ein bisschen merkwürdig vor, oder?"
"Nein, eigentlich nicht", erwiderte Herr K und nahm die Kleider, die ihm der beinlose Junge überreichte.
"Gut", sagte der gedächtnislose Junge und nahm die Hose an, die ihm Herr K. anbot. "Ihnen kommt es vielleicht nicht so vor, aber ich finde es merkwürdig!" und steckte ein Fuss durch das Hosenbein.
"Ja, du!" sagte Herr K. "Und wer bist du?" Damit waren sie wieder genau am Anfang ihrer Unterhaltung. Doch da trat der Junge plötzlich auf weichen Boden und sank mit jeder Bewegung immer tiefer.
"Vorsicht!", schrie der Bär im Tütü, der sich zu ihnen vorgedrängelt hatte. "Nimm dich vor Herrn K.s Klebetorf in acht!"
"Herr K.s Klebetorf?", wiederholte der Junge und sah sehr verwundert auf seine Füsse hinunter.
Schnell packte Herr K. den Jungen und hob ihn behutsam aus einem kleinen Stück feuchten Torfbodens heraus.
"Meine Damen und Herren!", dröhnte er und bat mit einem Handzeichen um Ruhe. "Ich glaube, dies ist der geeignete Moment, um die Eröffnung des Wal-lokals zum Spektakelbeginn unserem Cirque 'die Sohle' zu verkünden."
"Zwar eröffnet man ein Lokal in der ganzen mir bekannten Königreichern mit Fusstapfen von Prinzessinnen", fügte er unter Beifallklatschen hinzu, "aber ich glaube nicht, dass es viel gibt, die sich eines echten Amnesiasten rühmen können."
"Das heisst nicht Amnesiast, sondern Gymnasiast!" sagte der Junge, als der Beifall langsam abbebte und er den Zement mit abschätzigem Interesse beäugte.
"Du weisst also wer du bist?" fragte ihn Herr K.
"Nein!" erwiderte der Junge trotzig.
"Du hast aber Gymnasiast gesagt. Bist du einer?"
"Iwo, dafür bin ich zu jung. Und es ist zu kompliziert es euch zu erklären."
"Wieso?" fragten einige Stimmen aus dem Publikum.
"Weil ihr es nicht verstehen werdet!" Und nuschelte vor sich hin: "Gott, jetzt rede ich wie Ali!"
"Was ist Ali?" fragte ihn der Bär im Tütü, der ganz nah gerückt war und es gehört hatte.
"Ach, nichts", meinte der Junge und redete wieder laut mit sich.
"Gott ich muss aufpassen was ich sage. Was hatte der Arithmeertik-Leerer gesagt, nicht was du du denkst ist entscheidend, sondern was du sagst?"
"Was sagst du da?" fragte ihn Herr K., der ganz verwundert war, von dem Verhalten des sonderbaren Jungen.
"Ach nichts, nichts, hab grad nachgedacht. Einfach hic, hic."
"Hitsch?" fragte ihn Herr K. wieder. "Was ist hic."
"Nichts. Hic ist nichts. Hab doch gesagt."
"Und wieso sagst du nicht 'Nichts' sondern 'Hitsch'?"
"Diese Fragerei wird mir allmählich zu bund!", sagte der Junge. "Ich habe Hunger. Ich würde gerne Essen. Und Durst hab ich auch. Sagen sie jetzt, was sie sagen müssen, und geben sie mir was zu Essen."
Ein Jubeln kam von der Menge. Und Herr K. hielt seine Rede. Daraufhin stürmten alle in den Wal-lokal, und vergassen den Jungen.

Peterchen stand jetzt ganz allein vor den Bartenhaaren des Wals und verbrachte einige Zeit damit, darüber nachzudenken, was darin sein könnte. Doch dabei kam nur heraus, dass er schreckliche Kopfschmerzen bekam, und immer noch nicht wusste, wieso die Leute da rein gerannt waren und was da drinnen war.
Von seinen Eltern hat er oft das Wort "Wal-lokal" gehört, aber bisher hatte er ihm nicht viel Beachtung geschenkt. Das, was die Erwachsenen taten, interessierte ihn wenig. Er fand, dass sie sich mit langweiligen Dingen beschäftigten. Das konnte er mit gutem Grund auch sagen, denn einmal war er mit der Mutter auch zu so einem Wallokal mitgeganen und ein Blick in das Innere dieses Lokals hineingeworfen. Doch er fand, das da drinnen nicht viel zu sehen gab. Die Leute versteckten sich hinter Vorhängen und kamen mit versteinerten Minen wieder raus. Als er seine Mutter fragte was die da tun, meinte sie, dass sie ein Kreuz auf ein Zettel machen und den in einen Schatel reinwerfen. Er fand, dass es ein blödes Spiel war. "Die Erwachsenen mögen aber ganz sonderbare Dinge" dachte Peterchen.
"Und hier verhalten sie sich auch nicht besser." Er stiess einen Seufzer aus.
"Hoffentlich langweile ich mich da drinnen nicht zu Tote" sagte er zu sich, als er durch die Bartenhaare des Wals in sein Inneres tappste.

Kaum trat er einen Schritt in den Raum, da schlug ihm ein Dunst aus Gesang, Gelächter und Getratsche, gemischt mit dem Geruch geheimer Gewürzen entgegen. Ein Mann zog ihn beiseite:
"Um ein Tisch zu bekommen, musst du den Aal herlocken."
Verdutzt blickte Peterchen in die Augen des Tischanweisers und dann auf das Aquarium, wohinter ihn der Mann geschoben hatte. Er suchte nach Knüppeln, womit er das Aquarium hin und her bewegen konnte, wie sonst bei einigen Spielen, die er kannte. Auch sonst war nirgendwo Zahlen draufgedruckt, wohin der Aal angeschwommen kommen konnte, damit man ihm, den Tisch mit dieser Nummer gab, bzw extra für ihn frei machte. So starrte Peterchen den Aal verdutzt an, und rief nur verwundert aus: "AAl? -- Oh??"
Plötzlich sauste der Aal an die Scheibe und drückte seinen Maul dagegen, dass sich seine Lippen daranpressten, als wolle es ihn abknutschen oder aufsaugen. Peterchen schreckte zurück und der Mann packte ihn an der Schulter.
"Wenn der Herr mir folgen möge", sagte er und schob Peterchen an eine grosse, runde Tafel, hob ihn hoch und setzt ihn in mitten auf die Platte. Dann brachte er ihm eine grosse Schachtel und drückte sie ihm in die Hand. Schon hatten sich einige Leute, die herumstanden, musizierten, tanzten oder tratschten, einen Stuhl geschnappt, und setzten sich rund um seine Tafel.

Peterchen starrte verwundert mal auf die Schachtel, mal auf die gespannten Gesichter der Leute, und wusste nicht was er tun sollte. Er schaute wieder auf die Schachtel.
"Ob da drin das ganze Papier mit den Kreuzen drin ist?", fragte er sich. "Was soll ich denn damit jetzt tun?"
Er besah sich die Schachtel genauer.
Ein Schild mit der Aufschrift Tellatale klebte am Seitenrand, und insgesamt machte die Schachtel einen äusserst interessanten Eindruck.
Das Wal-lokal übertraf Peterchens kühnste Erwartungen. "Also ich hätte noch hundert Jahre vor den Bartenhaaren stehen und denken können. Aber nie im Traum wäre mir so was eingefallen." dachte Peterchen und sagte noch nichts. "Was hatte der ArithmeertikLeerer gesagt? Nicht was du denkst ist richtig, sondern was du sagst.--- Sag jetzt ja nichts Falsches." ging es Peterchen durch den Kopf und er beachtete dabei den Deckel. Eine Reihe bunt leuchtender Bilder war darauf geklebt, und darunter stand: SCHRITT FÜR SCHRITT. Quer über die ganze Schachtel liefen in verschnörkelten Lettern die Worte: Kopf frei. Original türkische Erzähler-Ausrüstung für den MEDDAH.
Im klein Gedruckten darunter stand weiter, dass selbst ein neugeborener Esel in kürzester Zeit die Leute mit seinen Erzählungen einfangen und bezaubern kann. Zum Beweis war auf den ersten Zeichnungen ein Eselfüllen abgebildet, das sich den Erzählerumhang umlegte und mit strahlenden Eselsaugen, seine Zuhörer angrinste. Und sie blickten ihn verträumt an.
Peterchen öffnete die Schachtel und eine Oboe ertönte, als hätte er eine Spieluhr angemacht. Schon die Musik fing einen ein und versprach verheissungsvolle Stunden mit dem Erzähler.
Peterchen untersuchte den Inhalt der Schachtel genau. Doch da war nur der farbenprächtig, mit ornamenten und goldbestickte Umhang. Und drunter nur ein uraltes Heftchen mit vergilbten Blättern. Peterchen nahm's heraus. Ihm stieg ein morscher Geruch in die Nase. Wie ein alter, vergammelter Baum. Doch er konnte das dünne Heftchen nicht öffnen. Es war wie festgeklebt und hart wie Holzklotz.
Peterchen fragte sich, ob er den Umhang sich umlegen solle. Zwar stand auf dem Deckel mit den Bildern nicht, ob auch ein neun jähriges Kind so wunderbar erzählen könnte, aber alles sah wirklich furchtbar einfach aus. Peterchen ahnte, dass die Leute, die um den Runden Tafel sassen, darauf warteten, dass er endlich zu erzählen, anfangen solle, und Peterchen überlegte sich, ob er ihnen das Märchen vom Gestiefelten Kater erzählen solle. Oder vielleicht doch seine eigene, unglaubliche Geschichte, was ihm wiederfahren war. Das klang wirklich märchenhaft. Nur wie sollte er es erzählen, dass es auch so klang.
Die Leute um den Tafel wurden schon unruhig. Doch Peterchen war viel zu sehr von dem Gedanken in Anspruch genommen, um irgendetwas anderes mitzubekommen.
So ganz in seiner Welt versunken nahm er den Umhang und steckte eine Hand in das Armloch. Da flog er schon im weiten Bogen durch die Luft und wallte hinter seinen Rücken. Unter „Aaaaah!“s und „Ooooh!“s sprang das Büchlein auf sein Schoss, und blätterte sich auf, und ein lieblicher Duft aus Sandelholz und Weihrauch nahm den Raum ein. Vor allen Gästen tauchte ein zierliches Glas, mit heissdampfendem Tee auf. Es sah so einladend aus, dass Peterchen nach einem gegriffen hätte. Doch er besah sich das Bild auf der aufgeschlagenen Seite an.

Da war ein handgezeichneter Mann, der für ihn, wie ein Druide wirkte.
Und Peterchen begann zu lesen:

Es war einmal, es war keinmal. Gottes Geschöpfe gab es viele an der Zahl. In einer Zeit, die längst vorbei, war Schiefes schief und Krummes krumm. Deshalb hört mir zu und seid nicht dumm. Hört mit dem Herzen, spitzt die Ohren, unser Märchen ist der Wahrheit entsprungen. Nichts davon ist erlogen und kein Wort darin ist wahr. Denn in Vorzeiten war das Leben anders, da schneiderten Flöhe Kleider und Kamele feilschten auf den Märkten, Bauern siebten und harkten mit den Händen.

Im ganzen Laden war es mucksmäuschen still geworden. Man hörte nur das unregelmässige Atmen der Zuhörer. Peterchen sah die glänzenden Augen der Leute. Schmerz und Kummer schien entschwunden. Und Peterchen spürte in sich die Magie aufsteigen.
Peterchen las jetzt nicht nur ab, sondern, er erzählte.

Es war einmal, es war keinmal,

...begann er zu fabulieren.

in einer früheren Zeit, als das Sieb im Stroh war,
als Esel Wesire und Kamele Barbiere waren,

er gestikulierte und versprühte Magie in die Herzen der Zuhörer:

in einer früheren Zeit, als es mehr Menschen als Hirse gab, und es Sünde war „mehr“ zu sagen, da lebte in der damaligen Zeit eine Miskäferfrau. Weil sie so allein war, machte sie sich auf die Suche nach einem Ehemann. So ging sie drei Monde und sieben tagelang, immer weiter, über Flüsse, über Hügel, ohne Halt, und als sie sich umdrehte, sah sie, dass sie nicht mal die Länge einer Gerste hinter mich gelegt hatte, und sie machte sich wieder auf den Weg, ging über Stock und Stein, über Feld und Wiese und traf auf ihrer Reise auf eine Katze.
Die fragte: „Hey Mistkäfer, wo gehest Du hinnen!?“
Beleidigt erwiderte sie: „Ich heiße nicht Mistkäfer!“
So fragte die Katze: „Oh, wie heißt Du dann?“
„Kokonierte Kokonella,
bornierte Bonbonella, wohin gehest Du Korallen Perle, hättest du mich fragen müssen.“
„Oh, entschuldiget, unser einer vermochte es nicht zu wissen. Kokonierte Kokonella,
bornierte Bonbonella, wohin gehest Du Korallen Perle?“
„Ich suche mir ein Ehemännchen.“
„Heirate mich!“
„Dein Schwanz ist lang, du würdest mich schlagen", sagte sie und ging.
„Na dann, viel Glück auf Deinem Weg und hab’ eine gute Reise!“ rief die Katze ihr hinterher.
Dann traf die Miskäferfrau eine Ratte. Sie verliebte sich und heiratete. Doch die Ratte behandelte sie wie den letzten Mist. Aus Trauer stürzte sie sich in den Bach und ertrank.
Die Katze frass die Ratte auf, und damit ist auch unser Märchen aus.

Ein Raunen und Aufatmen ging durch den Raum, als würden alle erwachen. Das gewohnte Tuscheln stellte sich ein und die Sänger sangen und die Tänzer tanzten. Wer ass, der ass auf; wer trank, der trank aus.
Peterchen kletterte vom Tafel runter und ging zum Wirt, um von ihm was zu Essen zu bekommen.
Dieser sagte begeistert: "Du hast dein Essen redlich verdient!", und überreicht ihm eine vollgepackte Jausetasche. Aufgemuntert und selbstbewusst verliess Peterchen das Wahllokal. Mit dem Umhang um die Schultern und dem Heftchen in der Jausetasche machte er sich auf sein Weg, wohin es ihn auch hinführen mochte. Er war frohen Mutes.

Er war nicht weit gegangen, da traf er auch die Riesen Schlange. Sie war ungeheuer ausgebeult und jammerte. Vor ihrem Maul ragten die Stosszähne des Elefanten. Der Kampf war immer noch nicht vorbei. Der Elefant trampelte herum, um aus der Schlange herauszukommen. Etwas verschreckt wich Peterchen zu Seite, doch die Schlange sprach ihn an:

"Lauf nicht weg, Meddah. Bleib hier. Du musst mir helfen!"
"Wie soll ich dir denn helfen?" fragte Peterchen aus weiter Ferne, damit die Schlange auch ihn nicht verschlang.
"Wenn du die Stosszähne vom Elefanten zerschmetterst, erfülle ich dir jeden Wunsch den du willst", säuselte die Schlange.
Und ein dumpfes Posaunen erklang aus seinem Inneren:
"Falls du diese Schlange umbringst, tue ich dir jeden gefallen" dröhnte der Elefant.
Peterchen stand eine Weile da, starrte die Riesenschlange an, dann die Vorderzähne die aus ihrem Mund herauslugten, dann wieder die Riesenbeule im Körper der Schlange, dann nochmal auf die Stosszähne. Er überlegte, wem er helfen solle. Beide wollten ihm einen Wunsch erfüllen. War es da nicht egal wem er half, oder sollte er doch einem bevorzugt helfen. Wer verdiente es am Leben zu bleiben, und wer verdiente den Tot? Was würden die Tierschützer jetzt machen? Peterchen, wusste die Antwort nicht. Aber er wusste, wem er eher helfen konnte, und das war die Schlange. Er musste nur die Stosszähne vom Elefanten abhacken.

"Wart einen Augenblick!" sagte er zu der Schlange und flitzte weg. Kurz darauf kam er mit einer Axt, den er von den Zirkusleuten ausgeborgt hatte und schlug die Stosszähne des Elefanten ab.

"Du hast mir diesen Gefallen getan", sagte die Schlange. Und mit den Worten "Komm werde mein Freund und ich tue dir ein Favour" nahm er ihn zu einem Pool mit. Dort sagte er: "Ich geh jetzt in den Pool hinein. Du musst aber hier warten. Doch sobald ich ins Wasser gestiegen bin, wird die Apokalypse ausbrechen. Ein Twister wird aufziehen, faustdicke Hagel werden niederprasseln, die Flut wird alles überschwemmen, die Berge geraten einander, die Erde gelangt zum Himmel, alles bebt, donnert und blitzt. Hab du keine Angst und ward hier auf mich, bis ich zurück komme. Ja? Tust du das?"
Peterchen nickte.
"Ich werde dann in Menschengestalt aus dem Wasser entsteigen. Und in diesem Moment wird das Getose und Gedonnere augenblicklich aufhören."

Daraufhin sprang er ins Wasser, und sogleich verfinsterte sich die Umgebung wie die tiefste Nacht, ein Gewitter zog auf, Regen prasselte nieder. Das Heulen wurde stärker, und die Bäume fingen an zu wippen. Ein Tornado kam, riss Bäume weg, schleuderte alles auf. Das Donnern und Blitzen wurde Höllisch laut. Peterchen erschreckte sich zu Tote. Er fing zu schreien und zu weinen an, doch da hörte plötzlich alles auf; es wurde still, und Vögel zwitscherten, als sei ein Frühlingsmorgen aufgebrochen.
Und schon sah Peterchen aus dem Wasser einen Jüngling entsteigen. Gekleidet in Brokat und Gold, mit purpurnem Umhang. Und gemeinsam machten sie sich auf den Weg.

Nachdem sie eine Weile stumm so vorangeschritten waren, fragte Peterchen: "Wohin gehen wir eigentlich?"
"Zu meiner Mutter", erwiderte dieser. "Sie wohnt da hinter der Hyazinthenhecke. Siehst du. Da hinten." Peterchen kniff die Augen. Ganz in der Ferne sah er einen purpurnen Fleck. Er nickte.
"Nachdem ich an der Tür meiner Mutter geklopft habe, sage ich zu dir: 'Komm mein Bruder!' Daraufhin wird sie mich fragen: 'Wer ist dein Bruder?' und ich werde antworten: 'Der, der mir das Leben gerettet hat.' Dann wird dich meine Mutter hereinbitten und dir sagen: 'Setz dich!' und du wirst antworten: 'Nein danke, ich hab noch was zu erledigen.' Sie bringt Kaffee und Kuchen. Auch die rührst du nicht an. So wird sie dich fragen: 'Mein Liebster, möchtest du überhaupt nichts?'
Daraufhin erwiderst du: 'Ich möchte nichts, ausser dem Spiegel, den du in dem Schrank da hast.'"

Und mit diesen Worten, standen sie schon vor der Türe der Mutter des Schlangenjünglings.
Der Jüngling klopfte. Die Mutter machte die Tür auf. "Komm Bruder", sagte die Schlangenhaut und bat Peterchen ins Haus. Als die Frau das hörte fragte sie:
"Mein Sohn, wer ist dein Bruder?" und ihr Sohn antwortet ihr mit den Worten:
"Einer, der mir das Leben gerettet hat."
Ein leuchten überzog ihre Augen und sie bat den Jungen herein: "Komm herein und setz dich." Doch Peterchen erwiderte wie empfohlen: "Ich bin nur auf einen Sprung hergekommen. Ich habe noch was zu tun, und habe deshalb nicht viel Zeit."
Auch ihr Kaffe und Kuchen wies Peterchen höflich ab. Um dem Gast die gebührende Freundlichkeit und ihre Dienste zu erweisen, versuchte die Frau dem Jungen alles recht zu machen, doch der sagte alle Angebote freundlich ab. So fragte die Mutter Peterchen: "Mein lieber Sohn, möchtest du denn gar nichts? Das geht doch nicht, als Gast irgendwohin zu kommen, nichts zu essen, nichts zu trinken. Wünschst du denn gar nichts. Kann ich denn für dich gar nichts tun?"
Peterchen freute sich, das es genauso kam, wie der Schlangensohn es ihm geschildert hatte, so sagte er aufgeregt. "Doch Sie könnten was tun. Ich wünsche mir den Spiegel, den sie da im Schrank, hinter der Türe haben. Wenn sie mir den geben, so sag ich nicht nein, und nehme ihn."
Peterchen konnte in ihren Augen die Missgunst sehen. Sie war überhaupt nicht gewollt ihm den Spiegel zu geben und Peterchen fühlte sich unwohl. Die Reaktion hätte er nun bei der Gastfreundlichkeit nicht erwartet. Der Schlangensohn griff jetzt ein und sagte:
"Aber Mutter. Ist dir so ein Stück Spiegelsplitter wichtiger, als ich. Er hat mir das Leben gerettet. Und du kannst dich von so einem Spiegel nicht trennen. Also bitte, Mutter!"
Auf sein Einreden hin, schien sie ein schlechtes Gewissen bekommen zu haben, denn sie stand auf und ging zum Schrank. Etwas zögernd griff sie rein. "Ob sie es sich doch anders überlegt hat? Nicht dass sie den Spiegel jetzt mit einem Fluch belegt", fürchtete Peterchen und sass kerzengerade auf seinem Platz und beäugte mit scharfen Augen, jede Regung der Frau.
Er sah förmlich ein Ruck durch sie gehen, als sie zum Spiegel griff und es herausholte.
Peterchen nahm den Spiegel, bedankte sich beim Schlangenjungen und verabschiedete sich von der Mutter. Der Jüngling blieb. So machte sich Peterchen allein auf den Weg.

Peterchen ging eine Weile und spielte derweil mit dem Spiegel. Er drehte ihn um, warf ihn in die Luft, fing ihn auf, und fragte sich dabei, wieso ihm der Schlangenjunge eigentlich unbedingt diesen Spiegel schenken wollte.
Als er in den Spiegel schaute, stand vor ihm ein Schwarzer Mann, so gross wie eine tausendjährige Eiche. Die Unterlippe hing ihm bis zum Boden und die Oberlippe reichte bis zu den Wolken. Als Peterchen ihn sah, wunderte er sich, wo der so plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war.
Dann rief der Mann ihm zu:
"Befehle mein Herr?"

Doch Peterchen dachte nicht ihm Traum daran ihm was zu befehlen. Neugierig wie er war,
fragte er ihn:
"Wer bist du denn?"
"Ich bin dein Nigger. Ich erfülle dir jeden Wunsch."
"Man sagt nicht Nigger, sondern Neger", korrigierte ihn Peterchen.
So sprach er wieder:
"Wie du befiehlst, oh Herr. Ich bin dein Neger. Ich erfülle dir deinen Wunsch."
"Nein, eigentlich sagt man auch nicht Neger. Das ist diskriminierend. Jetzt sagt man
eigentlich Schwarzer... Moment, das sagt man auch nicht. Farbiger kommt eher hin...---
wart mal ich hab’s: Du bist ein Afro-Amerikaner."
"Was ist ein Afro-Amerikaner?" wagte der Sklave zu fragen.
"Na, du!" sagte Peterchen.
"Ich bin dein Neger. Was wünschst du von mir."
"Ich wünsche gar nichts!" schrie Peterchen. "Es gibt schon seit, seit...-- was weiss ich seit
wann, aber es gibt seit langem keine Sklaverei mehr. Du kannst tun und lassen was du willst."
"Was soll ich tun, oh Herr?" fragte ihn der Sklave.
"Was weiss ich? Es ist dein Leben."
"Mein Leben liegt in ihrer Hand, Gebieter."
"Du bist ein freier Mensch. Du kannst gehen." sagte Peterchen.
"Wohin?", fragte ihn der Schwarze.
"Wohin du willst!" antwortete Peterchen.
"Wo ist das?"
"Was, weiss ich?"
"Wieso weisst du es nicht? Wie soll ich dir deinen Wunsch erfüllen?" fragte ihn
der Sklave dienstbeflissen.
"Ist mir egal. Geh dahin, wo der Pfeffer wächst!", schrie ihn Peterchen an, dessen
Begriffsstutzigkeit ihn nervte. Er wollte seine Ruhe haben. Zu seinem Erstaunen,
erwiderte der in aller Ruhe:
"Aber wir sind da, wo der Pfeffer wächst. Sehen Sie sich um. Hier sind die Pfefferschoten-
büsche. Wie sollen wir dahin gehen, wenn wir schon da sind. Wünschen Sie sich was anderes."
"Ach, scher dich zum Teufel!" brüllte ihn Peterchen an, dessen Geduld allmählich ein Ende nahm.

"Der ist hinter dem Berg, dort drüben unter der Holztüre im Boden. Soll ich Sie jetzt dahin bringen?" vergewisserte sich der Wünscheerfüller.
"NEIN!", schnauzte ihn Peterchen an.
"Wieso wünschen Sie dann etwas, was sie nicht wollen." fragte ihn der Diener.
"Tue ich ja gar nicht. Ist mir Wurscht was sie tun, ---"
"--Ach der Herr hat Hunger. Wieso sagen sie das nicht", fiel Peterchen der schwarze Riese ins Wort und schon stand vor Peterchen eine Pfanne brutzelnde Wurscht.
Da fiel Peterchen ein, dass er noch nichts gegessen hatte, seit er das Wallokal verlies. Er mampfte genüsslich die heisse Wurscht und war froh, dass er ihm das Essen gebracht hatte. Dabei überlegte er sich, dass es eigentlich nicht so schlimm war jemanden zu haben, der einem alle Wünsche erfüllte. Er würde dem Mann seine Freundschaft anbieten. Und alle Wünsche, die er ihm dann erfüllte, wären dann freundschaftliche Handreichungen und keine sklavischen Dienste. Als er aufgegessen hatte schrie er den schwarzen Riesen an: "Ok. Abgemacht. Ab jetzt sind wir gute Freunde und sind für uns gegenseitig da."
"Wie der Herr befiehlt", sagte der Riese mit einer Verbeugung, und Peterchen erwiderte.
"Ab jetzt sagst du nicht: Wie der Herr befiehlt. Wir sind jetzt Freunde. Sag lieber: Was mein guter Kumpel auch alles wünscht ich tue es für dich. Dafür sind ja Freunde da!"
Und der Riese kreuzte seine Hände um seine Brust und verbeugte sich: "Was mein guter Kumpel auch wünscht, ich tue es für dich. Dafür sind ja Freunde da."
"Das klingt schon viel besser. Und diese Verbeugung lässt du ja. So nimm mich auf deine Schultern. Ich bin müde geworden."
"Dein Wunsch ist mir Befehl!", sagte er und bekam von Peterchen einen schiefen Blick. Er beugte sich runter und hob ihn auf seine Schultern und sagte:
"Was mein guter Kumpel auch wünscht ich tue es für dich. Dafür sind ja Freunde da!"
"Ach das ist mir zu lang", nörgelte Peterchen. "Sag einfach: Geht klar, big P.! Wenn du willst kannst du mir dabei einen Handschlag geben. Nicht immer. Aber immer öfter wäre nett." Und er kicherte über seinen Wortwitz.
"Geht klar, big P!" grölte der schwarze Riese und ging mit mächtigen Schritten voran.

Als sie eine Zeitlang so vorangekommen waren, da fragte sich Peterchen wohin der Riese eigentlich ging. Wenn er kein Ziel hatte, konnte er auch nirgendwo ankommen. Nein, das stimmte nicht. Er würde schon mit ihm irgendwo ankommen. Nur, war es ein Ort, wo er auch hin wollte?
Nun..., war das nicht egal, wenn er nicht wusste, wohin er wollte? Ja, war das nicht egal, wenn es ihm selber egal war?
"Aber mir ist es nicht egal!" rief Peterchen plötzlich.
"Was ist loss?" fragte ihn der Riese.
"Du gehst schon ne Weile, und ich weiss nicht wohin?"
"Ja, wo willst du denn hin, big P!?", fragte ihn der Riese.
"Tja, das weiss ich auch nicht", erwiderte Peterchen. "Kannst du mir sagen, wo ich jetzt hingehen soll?"
"Das hängt davon ab, wo du hinwillst", sagte der Riese.
"Ich kenn mich hier nicht so aus. Also ist es mir egal", sagte Peterchen nach einer kurzen Überlegungspause.
"Nun, dann ist es auch egal, wo du hingest", sagte der Riese.
"Ich möchte nur gern irgendwo hinkommen!" fügte Peterchen als Erklärung hinzu.
"Ach irgendwo kommen wir bestimmt an", sagte der Riese. "Wenn wir weit genug laufen."
"Ich will aber nicht irgendwo ankommen" meinte Peterchen.
"Und ausserdem, sagst du das selbe, was ich mir grad selber überlegt habe. Du bist mir auch nicht eine grosse Hilfe. Halt man an. Wir warten so lange, bis ich weiss wo ich ankommen möchte."

Und der Riese verlangsamte seine Schritte, hielt an, und setzte Peterchen auf seinen Wunsch hin auf den Boden und verschwand.
So fing Peterchen zu grübeln an.
"Ich will an Stellen, wo zuvor vor mir kein Menschenkind war. Es soll etwas Märchenhaftes sein, etwas Unmögliches, und Aufregendes...“
Er überlegte und warf sich rücklings in das Grass.
Die Wolken zogen vorüber. Flauschig und bauschig, in Formen und Unformen besiedelten sie den Himmel.
"Ach, ich wünschte, ich könnte auch, wie Heidi auf so `ner Wolke fliegen!" dachte er. Dann knallte er mit seiner Handinnenfläche gegen die Stirn. "Ja! wieso nicht. Meine Wünsche gehen doch hier in Erfüllung! Ich wünsch es mir einfach." Er nahm den Spiegel und schaute rein. Da erschien plötzlich der schwarze Riese. "Was wünschst du, Kumpel?" fragte ihn der Riese.
"Ach. Ich möchte hoch oben auf einer Wolke fliegen." sagte er, und schon lag er hoch oben auf einer Wolke.
Als sie eine Weile so geflogen waren, wagte der Riese ihn zu fragen. "Weisst du jetzt, wo du hinwillst?"
"Ich denke schon. Hier gibt es doch sicher ein Meer?"
"Ja, da hinten. Wir fliegen genau darauf hinzu."
"Gut. Dann will ich gleich über dem Meer ein mächtiges Wolkenschloss, das grösser und schöner ist, als der Palast, des Königs, der hier regiert."
"Gleich dahinten herrscht der Padischah. Sieh seinen Saray!"
"Ja! mach meines dreifach so gross! Nein, dreizehnfach! Wenn schon, denn schon."
"Geht klar, big P." sagte der Riese und gab auf seine Hand vorsichtig einen kleinen Klaps.
"Dein Wunsch ist dir schon erfüllt worden, bevor du es sagtest."
Informierte er Peterchen und streckte seinen Arm, in Richtung Meer, um ihn den Schloss zu zeigen.
Mit aufgerissenen Augen starrte Peterchen auf den mächtigen Wolkenberg aus Türmen und Kuppeln. Vor Freude klatschte er in die Hände. "Super. Und jetzt will ich die Prinzessin!"

Kaum hatte Peterchen das ausgesprochen, schon lag er in seinem Wolkenschloss neben der Prinzessin auf dem Himmelbett. Natürlich war sie bildhübsch und verliebte sich auch in Peterchen. Es war klar dass sie glücklich dahinlebten. Alle Wünsche von Peterchen, erfüllten sich augenblicklich. Er war in kürzester Zeit so wunschlos glücklich geworden, dass er anfing sich zu langweilen. So fing er an, auf den Strassen umherzustreunen. Auf seinen Wanderungen erblickte er stets Arme Menschen, die Hunger leideten und an Krankheit litten. So wünschte er sich von seinem Riesenfreund, dass alle Menschen in seinem Reich genug zu essen und zu trinken hatten, und das jemand stets da war, der sich um ihre Gesundheit sorgt. Er gründete eine Stiftung, an dem es nie an Geld mangelte.

So machte seine Güte und Hilfsbereitschaft eine Reise von Mund zu Mund. Jeder, der davon hörte, wollte unter der Herrschaft von Peterchen leben. Jeder der auf Füssen gehen konnte, zog von den König- und Herzogtümern zu Peterchens Reich. Die Hungernden wollten was zu essen, und die Kranken wollten Gesundheit. Endlich sorgenlos leben. Das wollten sie.
Doch wegen dieser Völkerwanderung fürchteten die Könige, Padischahs, und Zaren der Umgebung um ihre Reichtümer und Herrschaftsmächte und erklärten im Bündnis, Peterchen den Krieg.

Um aber den Glücks- und Wohlzustand der Leute bewahren zu können, nahm Peterchen die Kriegserklärung an.
Und blutige Zeiten, der Zermetzelung und Verwahrlosung fing an...

Peterchen verlor seinen Spiegel, die Prinzessin und sein Wolkenschloss und landete in einem Kerker. Er wartete auf seine Hinrichtung.
"Ach! hätte ich doch den Spiegel noch!" jammerte Peterchen.
"Dann hätte ich mir meine Freiheit gewünscht. -- und den Frieden!! Wieso bin ich nicht früher darauf gekommen?
Jetzt werden die mich umbringen. Vorher foltern die mich bestimmt! Ganz lange und qualvoll. --- Ob sie mir die Augen ausstechen?! -- Meine armen Augen! Ausgehöhlt werden sie sein. --- Ausgehöhlte Augen? Wer hatte noch ausgehöhlte Augen. - Ach, Achmet! - Ja, der arme, liebe Achmet! Wieso habe ich dich vergessen? Ich hätte mir doch wünschen sollen, dass du wieder sehen kannst. So hättest du mich jetzt retten können. Was war ich für ein Tor. Wieso habe ich mich auf diesen Krieg eingelassen?! Jetzt werden sie mich sicher hinrichten. Den Kopf werden sie mir abhacken. So wie sie es mit allen Kriegsgefangenen tun. Oh, Mama, oh Papa! Ich werde euch nie wieder sehen. Mama wird mir nie wieder Kakao kochen, und Papa mir nie ein Märchen erzählen. Kein gestiefelter Kater mehr. Und Ali? Ali, mit dir werde ich auch nie wieder Tomb Raider spielen können. Ich werde deine blöden Sprüche vermissen... und die Raufereien mit dir erst recht.
Ach!
Ich wünschte du wärest jetzt da, Ali. Ich würde mit dir sogar schwimmen gehen. Wie sehr ich schwimmen auch hasse. Nur, um mit dir Spass zu haben. Oder wir machen das, worauf du Lust hast. Sicher willst du dann Tomb Raider spielen. Meinetwegen, spielen wir Tomb Raider. Oh, Ali!
Oh, Papa! Ich bete für dich dass du nie in einem Kerker landest!"
Bis jetzt hatte Peterchen nicht besonders gern gebetet. Aber in diesen Umständen schien es ihm als angemessen und er hatte auch ein grosses Bedürfnis danach zu beten.
Er kniete nieder, schloss die Augen, faltete die Hände und---.

Zum Beten kam er nicht. Zwei Wächter packten ihn an den Armen und zerrten ihn hinaus.

Montag, 28. September 2009

Kapitel 8 _ Glatzkopf P. geht zum Markt (Buch)

Peterchen blieb da immer noch wie angewurzelt stehen und hörte die Frau im liebevollen Ton sagen: "Ah benim ahmak, keltoş oğlum. Gel bi ananın yanına."
Peterchen verstand immer noch nicht was die Frau von ihm wollte. Gerade eben hatte er auch wie sie gesprochen, aber da er nicht verstand, was er selber redete, schwieg er. Peterchen wollte nichts Falsches sagen. Schliesslich kam die Frau zu ihm und überreichte ihm einen Honigtopf mit den Worten:
"Oğlum, evde tuzumuz kalmadı. Paramız da yok. Al bunu, git çarsıda sat, ve tuz al. Emi, biliyorsun: hiç. Hiç!"
Peterchen verstand nicht, dass er den Honig auf dem Markt verkaufen, und dafür Salz kaufen solle.
Die Frau schaute in sein Gesicht und wiederholte:
"Hiç al, emi oğlum. Hiç, hiç... hiç al, hiç! hiç!..."
Peterchen betrachtete sie mit grossen Augen und hörte sie immer zu das Wort "hiç" sagen.
"Wieso sagt sie andauernd 'Hitsch'?" fragte sich Peterchen. "Entweder ist es etwas ganz Wichtiges, das sie sich merken will, oder sie möchte, dass ich es sage.. -- Wie die mich anguckt. --- Alte Oma was willst du von mir? Soll ich es wiederholen?" So rief Peterchen laut: "Hitsch, hitsch, hitsch!" und sah, wie sich das Gesicht der alten Frau erhellte. Sie sagte:
"Evet benim keleş oğlum, hiç, unutma hiç, emi?" und sie packte ihn am Arm und brachte ihn vor die Tür. Peterchen wiederholte das Wort unaufhörlich und ging auf dem Trampelpfad.

>Irgendwohin wird er mich ja führen< dachte er, während er laut vor sich hin: "Hitsch, hitsch, hitsch" sagte und weiter grübelte:
>Was das Wort wohl bedeuten mag? Wenn hier nur jemand wäre, der es mir sagen könnte. Ach, wenn Ali nur hier wäre. Tja, er könnte mir auch nicht sagen, was es heisst. Aber, dann wäre es mir nicht so allein.<
"Hitsch, hitsch, hitsch-- " rief er vor sich hin.
>Ich sage es jetzt so lange, bis ich jemanden treffe. Der wird mir dann sagen, was es bedeutet. Hoffentlich verstehe ich ihn dann auch...<

So ging Peterchen auf dem sandigen Weg und murmelte das Wort nichts, das Salz bedeutete, die ganze Strecke, bis in die Stadt hinein, unentwegt vor sich hin: "Hitsch, hitsch, hitsch...."
Wie der Zufall es so will. Niemand kam ihm des Weges entlang.

Schliesslich erreichte Peterchen ein Fluss.
>Ich gehe mal am Wasser entlang<, dachte er. >Vielleicht treff ich ja da auf jemand< und stolperte den Hang, zum Flussbett runter. Seine Arme wild schwingend, ging Peterchen am Ufer entlang, und rief dabei "Hitsch, hitsch, hitsch..." bis plötzlich ein grosses Schiff seine Aufmerksamkeit an sich zog, auf dem Fischer gerade dabei waren, die Netze einzuholen. So lief Peterchen ihnen zu und sagte währenddessen: "Nichts, nichts, nichts...", auch als er stehen blieb und neugierig rüberschaute, wiederholte er dabei unablässig "Nichts, nichts, nichts...".

Als die Fischer das Netz aus dem Wasser zogen, und es leer war, wandten sie sich wütend zu Peterchen und riefen:
"Wegen dir haben wir nichts gefangen. Dein Schandmaul hat uns leere Netze beschert."
Merkwürdigerweise verstand sie Peterchen und antwortete in ihrer Sprache:
"Aber meine Herren, was kann ich denn dafür".
"Natürlich kannst du was dafür", riefen sie erbost zurück.
"Ja und was?"
"Du hättest nicht die ganze Zeit nichts, nichts rufen sollen. Du hast es heraufbeschworen, du mit deinem Schandmaul."
"Ja und was hätte ich sagen sollen..." fragte Peterchen verwundert und hörte die Fischer ihm zurückrufen:
"Der erste ist schon da, bald kommt auch der nächste. So wünscht man uns eine guten Fang. Merk dir das!"

Kaum rief Peterchen ihnen zu: "--- Der erste ist schon da, bald kommt auch der nächste!" so zog er wieder weiter; dabei stellte er eine komische Betrachtung bei den anderen an, was für merkwürdige Sitten die hatten und fremde Floskeln die benutzten.
Als er gerade eben dachte >Wenn das hier so Sitte ist, dann benutze ich es eben<, kam er um die Ecke und erblickte einen Leichenzug. Ganz vorne trugen vier Männer, den Sarg auf den Schultern; >wohl Verwandte und Freunde des Verstorbenen<, dachte Peterchen.

Er machte den Weg frei und stellte sich an den Strassenrand. Ein langer Zug von Menschen zog an ihm vorbei. Vorne die Gruppe der Männer, mit weissgehäckelten Kopfbedeckungen und hinter ihnen die Gruppe der Frauen, in Kopftüchern und Schleiern. Aus der Ferne erklang die Stimme des betenden Hodschas. Immer noch zogen sie an ihm vorbei, verhüllt in Schwarz und stumm.
Peterchen wiederholte fleissig den Satz, den er gerade eben gelernt hatte:
"Der erste ist schon da, bald kommt auch der nächste. Der erste ist schon da, bald kommt auch der nächste."
Ein Verwandter des Verstorbenen hörte ihn und blieb stehen.
"Was??!!" wutschnaubte er. "Du wünscht uns noch mehr Sterbefälle?" Er nahm sich zusammen, um dem Jungen nicht eine Backpfeife zu verpassen.
Treuherzig fragte Peterchen: "Was sollte ich denn sagen?"
"Allah möge sich erbarmen! Die Hinterbliebenen sollen lange leben!", erwiderte der Empörte.

>Was stimmt denn, mit dem vorigen Satz nicht?<>Aber, wenn er meint, dann sag ich eben diesen Spruch auf.<
Nun prägte sich Peterchen das ein, und setzte seinen Weg fort.
An der nächsten Ecke begegnete er einer toten Katze. Er blieb davor stehen und wiederholte immerzu:
"Allah möge sich erbarmen! Die Hinterbliebenen sollen lange leben. Allah möge sich erbarmen! Die Hinterbliebenen sollen lange leben. "
Ein Junge trat an ihn heran. Peterchen hörte mit dem rezitieren auf und schaute diesen an.
"Was sagst du denn zu der Katze?" fragte der Naseweiss.
"Niiieehiiichts!" antwortete Peterchen und der Bub erwiderte: "Du musst sagen: Pfui, wie das stinkt!"
Peterchen fragte: "Wieso denn?" - "Na, weil man das eben so sagt", erwiderte der Bub knapp und schnauzig.
So merkte Peterchen den Spruch, und fing an, diesen immer zu, vor sich hinzusagen.

Aber auch mit diesem Spruch kam er nicht weit. Gerade war er dabei, an einem Hamam, vorbeizugehen, da traten in diesem Augenblick drei Damen heraus. Sie rochen nach duftenden Ölen, waren in wallende Seidentücher gehüllt, und lachten, während sie miteinander sprachen. Als sie Peterchen bemerkten, verfinsterte sich ihre Mine und sie stürzten sich auf ihn los. Sonnenschirme, Fäuste und Füsse prasselten auf Peterchen nieder mit den Rufen: "Wie kannst du es wagen uns: 'Pfui! wie das stinkt!' zu zurufen. Wir haben gerade gebadet und duften lieblich!"
"Aua, aua, bitte zwickt mich nicht!" rief Peterchen.
Doch sie kniffen ihn, wedelten mit den Regenschirmen und schrieen weiter:
"Du ungehobelter Klotz. Du Sohn eines Esels. Was sind das für Manieren. Sagt man so was zu einer Dame..."
"Erbarmen, gnädige Damen!" rief das Peterchen.
"Was hätte ich denn sagen sollen? Bitte sagt ihr es mir."
Als die Damen sahen, dass Peterchen, doch ganz höflich bat, und doch nicht so ein Lausbub war, wie es den Anschein hatte, belehrten sie ihn wohlwollend:
"Oh, wie schön! Wie das mein Herz erfreut! So ziemt es sich. Das ist fein. Das kannst du uns zurufen." sagten sie, und waren höchst zufrieden, als Peterchen es ihnen mit einer Verbeugung sagte. Wohlgestimmt zogen sie weiter.

Mit dem neuen Spruch auf den Lippen ging auch Peterchen seinen Weg, und kam diesmal an zwei Männern vorbei, die sich lauthals stritten. Als sie den Glatzkopf rufen hörten: "Oh, wie schön! Wie das mein Herz erfreut!" stritten sie nicht mehr, sondern gingen gemeinsam auf den Jungen los.
"Was soll ich denn sagen?" fragte Peterchen, der nicht mehr weiter wusste. Was er auch sagte. Alles war falsch. Niemanden hatte er recht machen können. Immer zu sagte er das Falsche.
"Du sollst versuchen, uns mit den Worten: Hört auf damit, Brüder, vertragt euch! zur Ruhe zu bringen", antworteten die beiden Streithähne.

So fing Peterchen an: "Hört auf damit, Brüder, vertragt euch!" zu rufen. Unbeirrt, sagte er den Spruch auf, immer zu, als sei nichts geschehen.
Plötzlich fingen vor Peterchens Füssen, zwei Strassenköter zu balgen an. Peterchen versuchte an ihnen vorbei zu laufen; doch die Hunde kämpften, bellten, liefen hierhin und dorthin, so dass Peterchen an ihnen nicht vorbei konnte.
Dann griff er sich einen knorrigen Astzweig, den er vom Wegrand aufhob und stiebte ihn zwischen die Hunde. "Ich muss sie trennen, sonst komme ich hier gar nicht vorbei", ging es Peterchen durch den Kopf. Er war so bei der Sache, die Hunde zu trennen, dass er gar nicht merkte, wie er dabei die Tölen anschrie:
"Hört auf damit, Brüder, vertragt euch! Kommt zur Ruhe! Hört auf damit, Brüder...!"
Plötzlich fiel sein Blick auf eine Menschenmenge, die sich am Wegrand angesammelt hatte. Ihr Lachen und Tuscheln, verhiess Peterchen nichts Gutes. Kleine Kinder zeigten mit dem Finger nach ihm. Peterchen sah, wie ein Mann von der Menge nach einem Stein griff und mit einem Geschrei auf die Hunde losging: "Hischt! Hübe, it oglu it! Verzieh dich du Hundesohn! Hiiiischt! Hiiischt! Hübe!". Dann näherte sich der Mann an Peterchen und sagte:
"Siehst du!? So geht das. So vertreibt man Strassenköter! Ruf einfach: Hischt, hischt. Dann hauen sie ab. Nimm, sicherheitshalber noch einen Stein." grinste er und warf den Stein in die Luft und fing es auf.
"Hischt, hischt!" kam es aus der Menge, jemand winkte, und der Mannr rannte zu ihm.

>Wie praktisch!<>Mit hischt, hisch, vertreibst du Hunde und rufst die Menschen zu dir.< Peterchen verliess die Menschenmenge und ging entlang der Hauptstrasse.
>Wohin, der mich heute hinführt?< dachte er.

Und siehe da, der Weg endete beim Markt. Ein Getümmel und Gedränge war das. Da stand nun Ladentisch an Ladentisch und Stand an Stand, die Verkäufer schrieen ihre Waren aus und die Käufer feilschten um jeden Taler. Peterchen wusste anfänglich nicht, wo er zuerst hinsehen solle, alle diese Merkwürdigkeiten berauschten seine Sinne, bis endlich ein stiller Stand seine Aufmerksamkeit auf sich zog, bei dem ein Mann friedlich an seinem Ladentisch sass und ruhig vor sich hin werkelte.
Er nähte behende an einem Stück Leder, der allmählich die Form eines Pantoffels annahm. Peterchen betrachtete ihn eine geraume Zeit, und näherte sich bedächtig dem Mann. Als er vor ihm stand zischte er: "Hischt! hischt!" und winkte mit der Hand.
Der Mann blickte etwas verdutzt auf. Er sah Peterchen fragend in die Augen. Nach einem kurzen Schweigen sagte er: "Hast du noch nie einen Schuster bei der Arbeit gesehen, Bub? Bei euch im Dorf gibt es wohl keine Schuster."
Peterchen schüttelte seinen Glatzkopf .
"Ja, man merkt's. Sonst wüsstest du, was man sagt."
"Und, was sagt man denn?" fragte Peterchen, der ein gelehriger Junge war. Doch er hatte das Gefühl, dass ihn hier alle für dumm hielten. Und das nur weil er nicht wusste, was er hier zu einem Fremden sagen musste, und er hörte den Schuster sagen:
"Zieht kräftig daran, damit sie weich und geschmeidig werden! So feuert man uns bei der Arbeit an."

Peterchen nickte und ging weiter. >Was für ein witziger Spruch< fand er.
"Vielleicht bringst du mir ja mehr Glück", sagte er zu sich und fing an, ihn laut vor sich herzurufen:
"Zieht kräftig daran, damit sie weich und geschmeidig werden!" rief er, als er sich durch das Gedränge schob.
Vor ihm tauchte in Mann, der einen Jungen, an den Ohren gepackt hielt und hinter sich herzog. Anscheinend wollte der Junge nicht auf ihn hören. Vielleicht wollte der Bub auch nicht dahin mitlaufen, wo der Mann ihn gerade an den Ohren hinzog.
Da sie ein Weg durch das Getümmel bahnten, ging Peterchen hinter ihnen her, und murmelte vor sich hin immerzu:
"Zieht kräftig daran, damit sie weich und geschmeidig werden!"
und plötzlich schrie er aus heiterem Himmel ganz laut:
"Zieht kräftig daran, damit sie weich und geschmeidig werden!"
dann brüllte er:
"Aaauuaaah! Heeey! aaaah..."

"Was sagst du da für dumme Sachen", sagte ein Mann und zog ihm an den Ohren. Vor Peterchen stand ein Junge und rieb grinsend sein rotglühendes Ohr.
"Sooo, dann zieh ich mal kräftig daran, dass sie schön geschmeidig weich werden."
"Aaghrrh! IIIIIhnnnnnnngggghhh!" konnte Peterchen nur sagen. Es tat so weh und er war so überrumpelt, dass er gar nicht wusste, was mit ihm geschah.
"Gefällt dir das, du glatzköpfiger Bursche!"
"Neein!", erwiderte Peterchen und versuchte sich von dessen Griff, loszureissen, doch je mehr er zappelte, desto mehr tat er sich selber Weh. Dessen Hand, klebte an seinem Ohr und riss daran.
"Aaauhaaah!" schrie Peterchen und hörte den Mann noch lauter:

"Was mischt du dich in Angelegenheiten anderer Leute an, he? Was geht dich das an, hä?", griff der Mann Peterchen an und dieser erwiderte kleinlaut.
"Nichts, nichts..."
"Und? was soll der blöde Spruch!?", rief der Mann und schubste Peterchen an seinem Kopf weg, und liess dabei sein Ohr los. Peterchen torkelte nach hinten und sagte sein Ohr reibend:
"Aber ich,...-- was hätte ich denn sagen sollen?..."
"Nichts mein Junge, nichts!", schnauzte ihn der Mann an.
"Genauso viel, wie es dich angeht: Nichts. Einfach nichts! Du weisst doch. Reden ist Silber. Schweigen ist Gold. Auch wenn man dir ein stiefelvoll Golddukaten anbietet. Misch dich nicht in Angelegenheiten, in der du dich nicht auskennst."
"Aber, ich hab mich doch nicht eingemischt", wollte Peterchen sagen und öffnete seinen Mund, doch der Mann schrie ihn an:
"SAG NICHTS! ---Sag nichts, einfach nichts. Nichts! HIC! Hic! hic!..."

Kaum hatte er "hiç" gehört, verstand Peterchen den Mann nicht mehr. Er verstand, kein einziges Wort. Nur das Wort "hiç" dröhnte in seinen Ohren. Er rieb daran und fragte sich: >Wieso ist der Mann so böse! Und wieso ruft er die ganze Zeit: Hitsch. Woher kenn ich das Wort. ---hitsch? hitsch? hitsch? Kommt mir irgendwie bekannt vor.<
„---Mann, ist schon gut, brüll doch nicht so", rief Peterchen und entfernte sich von dem Mann, der andauernd: "Hiç, hiç" rief.
"Hitsch, hitsch, hitsch...", fing auch Peterchen an, das Wort zu wiederholen.
"Das kommt mir bekannt vor. Woher kenn ich es denn? Ich frag mal den Mann da, vielleicht kann er mir ja helfen."

Doch als Peterchen den Vorbeigehenden ansprach und fragte: "Kannst du mir sagen, woher ich 'hic' kenne?" blickte er nur in zwei verwunderte Augen. Peterchen hörte ihn sagen:
"Hiç birsey anlamadim!" Er zuckte dabei die Achseln.
"Ich versteh dich nicht", erwiderte Peterchen und jener antwortete:
"Hiç birsey anlamadim." Dann blickten sie sich eine Weile stumm an und Peterchen sagte:
"Hitsch biaschei aanaamadiim!"
"He, ne anlamadin?" fragte der Mann.
"Hitsch biaschei aanaaamadiim!" sagte Peterchen wieder.
"Allah Allah, dünyada ne acaip insanlar var", sagte der Mann und ging kopfschüttelnd weiter.
Doch Peterchen wiederholte das, was er gerade gehört hatte. "Hitsch biaschei aanaamadiim! Hitsch biaschei aanaamadiim!" Das klang so witzig. Peterchen wunderte sich nur, wieso er plötzlich nichts mehr verstand: "Grad eben hatte ich sie verstanden, und jetzt versteh ich kein einziges Wort mehr", knurrte er, dann fiel ihm Ali ein:
"Hitsch biaschei aanaamadiim! Das sage ich Ali. Da bin ich ja mal gespannt, was er darauf antwortet. Jetzt hab ich einen Satz, den ich ihm sagen kann. Da wird er aber doof gucken und sagen: 'Habe nichts verstanden.' und dann werde ich sagen: 'Siehst du, du weisst auch nicht alles. Schau, ich weiss was, das du nicht verstehst.
Jaaah! >Hitsch biaschei aanaamadiim!<"

Er war sich sicher: "Diesen Satz merk ich mir. Das steht fest."
Plötzlich bemerkte Peterchen den Honigtopf unter seinem Arm.
"Nanu, was mach ich denn damit?" Er hatte ihn völlig vergessen. Dass er deshalb hierher gekommen war, um ihn zu verkaufen, und dafür das "Hiç", also den Salz zu holen, wusste er ja nicht. Und Hunger hatte er ja auch bekommen. Also steckte er den Finger rein.
"Hmm! das schmeckt aber lecker. ---Komisch", sagte Peterchen "ich glaube ich wachse. Das geht aber schnell. Huuuuh! ---Jetzt bin ich grösser als der Riese." Er torkelte, weil es so ungewohnt war. Dann fasste er sich und überlegte. "Wenn ich grösser als ein Riese bin, was bin ich dann?"
Er grübelte eine Weile und fand ein Wort, das er passend fand. "Ein Koloss! Ja, der Koloss von Rhodos war ja riesig. -- Mann, wenn ich weiterwachse, dann bin ich ja grösser als der Berg da hinten." Kaum hatte er das gesagt, schon blieb er mit einem Ruck stehen. Er schoss nicht mehr in die Höhe. Er war nicht in die Länge geschossen, dass er wie ein langer Lulatsch aussah, nein er war gewachsen. Er wuchs in die Höhe und in die Breite. "Ob ich mich in der Pupertät genauso verändere?" überlegte Peterchen, "Vielleicht nicht so schnell, aber bestimmt werde ich grösser als Papa, und der ist ja auch nicht der Kleinste --" Er unterbrach sich.
Dein Magen fing plötzlich an zu knurren.
"Ich habe wohl hunger", stellte er fest.
"Mann, das knurrt aber laut. Sollte ich noch einen Schleck Honig nehmen? Oh, ich wag's lieber nicht. Sonst wachse ich noch mehr, und werde grösser als die Erde. Gott, wie das Knurrt!" Peterchen hielt sein Bauch. "Oh, wie mein Magen knurrt!" sagte er zu sich selber. "Und jetzt heult er auch! Seit wann heult einem der Magen, wenn man Hunger hat?"
Plötzlich musste er gähnen. "Oh, Mann!" sagte Peterchen "Das fehlte gerade noch!", und gähnte.
>Uuuuuooooooaaaaaaaaeeeeehhh!<
Er sperrte seinen Mund auf, wie ein Scheunentor. Grossgenug war er ja, dass da ein Ochsenkarren hätte durchpassen können. Was einer? Zehn hätten da durchgepasst.
Er gähnte und gähnte.
>UUUUUOOOOOOOAAAAAAEEEEEEEEIIIIIIIIIII!!!<, und konnte seinen Mund nicht mehr zuschliessen. Und das Knurren wurde lauter und lauter.
>Grrrr, grrrrr<, >GRRRRRR!<
>Oooooouuuuuuuuuhhh!!< heulte es noch dazu. Doch das Knurren und das Heulen kamen nicht mehr aus seinem Bauch, sondern aus seinem Mund.
Und plötzlich kamen aus Peterchens sperrangelweit aufgerissenem Maul ein Rudel Wölfe rausgerannt.

Freitag, 18. September 2009

Kapitel 7 _ Der Fall Alice

"Ach du lieber Schreck!" rief Peterchen - er war so überrascht, dass ihm nichts besseres einfiel.
"Jetzt falle ich in den Brunnen, das fehlte noch."
Er versuchte hinunter zu schauen, wohin er eigentlich fiel, aber dort unten war alles dunkel.
"Wo ich wohl landen werde? Ob da unten viele Skelette liegen? Der Arme Ahmet. Wie lange er wohl da unten wohl gewartet hat? Hoffentlich finden die mich hier. Sonst verhungere ich da unten noch."
Er schauderte und zappelte mit Händen und Füssen in der Luft.
"Gott, wie lange falle ich denn noch? Ich falle schon eine Weile. Ob zehn Minuten vergangen sind? Der Brunnen muss aber ziemlich tief sein, oder? Mindestens zehntausend Kilometer. Sonst wäre ich doch längst unten gelandet."
"Und alle Knochen gebrochen." hörte er eine Stimme. Doch Peterchen bemerkte sie kaum, denn er war ganz in seinen Gedanken:
"Entweder ist der Brunnen sehr tief, oder ich falle ganz langsam. Vielleicht falle ich gar nicht. Vielleicht bin ich schwerelos, so wie die Astronauten im All." Dann zählte er auf, als hätte ihn der Lehrer gefragt: "Die amerikanischen heissen Astronauten. Die russischen heissen Kosmonauten. Die europäischen Aeronauten. Und ich heisse Luftikus." Er kicherte. "Gott, ich kichere ja wie ein Mädchen. -- Hee! Ich seh nichts mehr. Was ist denn das!?" Peterchen versuchte einen gelben Stoff-fetzen von seinem Gesicht wegzunehmen, der beim Fallen plötzlich aufgetaucht war. Doch immer wenn er es herunternahm, klebte es wieder in seinem Gesicht. Er fasste den gelben Stoff und zog es mit beiden Händen ganz nach unten bis zu seinem Knie und dabei sah er, dass es ein Kleid war, und er hatte es an. Und jetzt flogen ihm Haare ins Gesicht. Auch die versuchte er loss zu werden, doch dann bemerkte er, dass diese, seine eigenen Haare waren. Sie waren lang und reichten bis zu seinem Rücken. "Oh, ich habe gar kein Fell mehr!", rief Peterchen erstaunt. "So, wie es scheint bin ich ein Mädchen." Seine Stimme klang merkwürdig. Nein, nicht dass sie dünn klang, denn seine Stimme war schon dünn. Er sprach ganz sonderbar, es war eine Sprache, die Peterchen normalerweise nicht sprach. "Vielleicht ist es Lemurisch oder Leguanisch", dachte Peterchen und erinnerte sich an das Gespräch im Brunnen. "Iiighmpfh! Mmmmghpht! Yeah this is funny", sagte er dann laut und wunderte sich, was er da redete. Doch für Peterchen war nichts mehr sonderbar und deshalb redete er weiter mit sich: `I wonder how many miles I've fallen by this time? I must be getting somewhere near the centre of the earth. Let me see: that would be four thousand miles down, I think--'
Peterchen dachte, dass er im Erdmittelpunkt angelangt war, weil er schon so lange fiel.
Und er war stolz, dass er wusste, dass dies 4000 Meilen waren. Solche und andere Sachen, hatte Peterchen in der Schule gelernt und so war es eine gute Gelegenheit, hier sein Wissen zu zeigen, jedoch war niemand hier, der ihn dafür loben konnte, so war es eine gute Übung für ihn es einfach so vor sich her zu sagen. So redete Peterchen weiter:
`--yes, that's about the right distance--but then I wonder what Latitude or Longitude I've got to?' (Peter hatte nicht den blassesten Schimmer was eine Latitude oder eine Longitude war, aber sie klangen so toll, wenn er sie aussprach. Sicher sind das lengische Wörter, dachte er, denn wenn er es sagen würde, klänge es so: "I'll bet, that'll be lengish words!") Da er immer noch nicht unten ankam redete er weiter in Lengish:`I wonder if I shall fall right THROUGH the earth! How funny it'll seem to come out among the people that walk with their heads downward! The Antipathies, I think--'
Diesmal war er ganz froh, das da niemand war, der ihn hörte, was er für einen Stuss redete.
`--but I shall have to ask them what the name of the country is, you know. Please, Ma'am, is this New Zealand or Australia?'
(Und sie versuchte zu knicksen, während sie sprach und gleichzeitig fiel -- es war ein merkwürdiger Knicks. Versucht ihr mal zu knicksen, während ihr fällt. Schafft ihr das? )
`And what an ignorant little girl she'll think me for asking! No, it'll never do to ask: perhaps I shall see it written up somewhere.'

Down, down, down. There was nothing else to do, so Alice soon began talking again.

Peterchen stoppte zu reden. "Was, hab ich grad gesagt?" fragte er sich. (Er dachte es und sagte es nicht laut.) "Ich habe grad Alice gesagt. Ich rede gar nicht darüber, dass ich fürchte, durch die ganze Erdkugel zu fallen. Dass sind gar nicht meine Gedanken, dass ich bei Leuten rauskomme, die auf dem Kopf gehen. Den Antipathen oder wie die heissen. Das war ich gar nicht. Denn ich weiss, dass die in Neuseeland und Australien, ganz normal auf dem Boden laufen, und nicht auf dem Kopf. Doch Alice, Alice hatte so dumme Gedanken." Peterchen war total entrüstet. Jetzt wusste er auch, welche Sprache das war. Es war nicht Lengish sondern Englisch. Und was er da sprach, war das erste Kapitel aus dem Buch Alice im Wunderland. Das wusste er genau. Denn in der Bücherei hatte er es angelesen.
Aber er hatte es ja auf Deutsch gelesen, woher wusste er es denn wie es in Englisch heisst. Erstens konnte Peterchen noch kein Englisch ausser: "Hello. Mei neim is und Fak ju." und Zweitens, wieso konnte er das Buch im selben Wortlaut sagen, wenn er es nur angelesen hatte. Das Deutsche hätte er ja auch nicht wortwörtlich wieder geben können. Um sich zu testen, überlegte Peterchen noch eine Stelle. Er überlegte und überlegte. Da erinnerte er sich an die witzige Stelle, bei dem Alice mit der Ochsenschwanzkröte über die Schule redete. Er fand es ja so komisch, dass die in der MeerSchule, mehr Unterricht hatten. Und in ihrem Lehrplan stand im Arithmeertik, sie müssen Attraktion, Subversion, Schmutzifikation und doppelte Konfusion lernen und auch können.
Und weil es Lehrplan hiess, wurde ihr Stundenplan immer leerer. Das hätte Peterchen auch gern, dass sie am ersten Tag 5 Stunden Unterricht, am zweiten 4, am dritten 3, am vierten 2 und am fünften nur 1 Stunde Schule hatten. Samstag hätten sie dann 0, also schulfrei. "Prima!", dachte Peterchen. "Aber Samstag haben wir ja sowieso keine Schule. Aber Sonntag, hätten wir dann -1 Unterricht. Aber was ist Minus Eins? Geben wir dann den Lehrern Unterricht?" grübelte Peterchen und sein Blick fiel nach unten. Vielleicht schaute er ja nach oben. Es war dunkel und Peterchen sah nichts. Wenn er nicht wusste wohin er fiel, (er wusste ja nicht mal, ob er fiel,) dann war es ja auch egal, wo oben und wo unten war. Wenn er kopfüber nach unten fiel, so könnte er genauso gut nach oben sausen, wie Superman. "Wenn ich aber doch falle, kann ich mir den Kopf anschlagen, und das wird höllisch wehtun", stellte Peterchen fest. Doch der Boden, oder die Stelle, wo er mal landen sollte schien immer noch nicht in Sichtweite. Noch immer ging es tiefer und tiefer, (oder auch höher und höher;) und weil Peterchen nichts anderes zu tun hatte, grübelte er weiter im Stillen: "Vielleicht falle ich ja wirklich hinten raus und lande bei der Maus im Mars, oder vielleicht bei dem Mann im Mond." Er musste bei dem Gedanken lachen, und vergass stumm nachzudenken, sondern sagte laut:
`I wonder how many miles I've fallen by this time? I must be getting somewhere near the centre of the earth. Let me see: that would be four thousand miles down, I think--'
Peterchen erschrak: "Gott, ich rede ja wieder haargenau den selben Text."

Jetzt wollte er aber wissen, ob er wie aus dem Buch redete. Er stellte sich vor, wie Alice mit der Ochsenschwanzkröte über den Lehrplan redete und sagte laut: `I couldn't afford to learn it.' said the Mock Turtle with a sigh. `I only took the regular course.' `What was that?' inquired Alice. `Reeling and Writhing, of course, to begin with,' the Mock Turtle replied; `and then the different branches of Arithmetic-- Ambition, Distraction, Uglification, and Derision.'

Peterchen unterbrach sich. "Die haben doch einen ganz anderen Unterricht als ich dachte", meinte er. "Das ist doch gar nicht Attraktion, Subversion, Schmutzifikation und doppelte Konfusion. --- Ich kann mich genau daran erinnern, dass es so hiess. Es kann nur so heissen, weil sie genau wie Additon, Subtraktion, Multiplikation und Division klangen. --- AUA!!" rief Peterchen. "Wer schmeisst denn hier mit Büchern rum?" Er rieb sich am Kopf und las den Einband:
" --- Arithmeertik! Das ist doch...--- AUA!"

"Passt du jetzt endlich auf, Petralice!" schrie Peterchen eine Stimme an.
"Was!?" entfuhr es Peterchen lautstark.
"Das heisst: Wie bitte!" brüllte die Stimme zurück.
Als Peterchen vom Buch aufsah, erblickte er den Arithmeertik-Leerer.
(Er heisst deshalb Leerer, weil während des Unterrichts einem der Kopf immer leerer wird.)
"Was machen SIE denn hier?" fragte Peterchen, doch der Leerer überhörte seine Frage:
"Steh auf, wenn ich mit dir rede!" schrie er ihn an.
"Wie soll ich denn aufstehen?" fragte Peterchen, der immer noch fiel.
"Bist du zu dumm dafür? Weiss du nicht wie das geht?" fragte der Leere erbost.
"Doch“, gab Peterchen zur Antwort.
"Dann steh auf!“ meinte der.
"Ich kann nicht", erwiderte Peterchen und ruderte hilflos mit den Armen.
"Kannst du zwei Sachen nicht gleichzeitig machen? Aufstehen und nachdenken!" schimpfte der Leerer.
"Doch, aber nicht jetzt“ meinte Peterchen und versucht in der Luft halt zu finden. Steh ich oder liege ich? fragte er sich. Doch der Leerer rief ergrimmt:
"Sei nicht ungezogen, du Göre! Ich dulde kein Ungehorsam!" Er holte für ein Schlag aus, doch diesmal konnte sich Peterchen ducken.
"So, jetzt steh auf und sage was zum Fall“ meinte der Leerer.
"Ich wünschte, der Fall würde aufhören."
"Schweig! Wir haben noch nicht mal angefangen."
"Wieso? Wir fallen doch die ganze Zeit."
"Was spricht du für einen Unsinn. Das heisst nicht fallen, sondern den Fall lösen.
Doch jetzt beweisen wir gemeinsam den Fall."

"Was beweisen, wir fallen doch. Dazu brauch ich keinen Beweiss", wollte Peterchen sagen, doch der Leerer sprach ihn laut an.
"So Petralice, mach dein ArithmeertikBuch auf Seite 12 432 auf und lies laut Abschnitt Blau, die eingravierte Zeile!"

Peterchen schlug das Buch auf, blätterte vorsichtig die seidendünnen Seiten, hielt inne, las leise für sich und sagte dann laut mit dem Finger über die Zeilen gehend:

">Beweisen sie den Fall: derision ist Konfusion<“ Er hob seinen Kopf und fragte unsicher: „Meinen sie das?" Der Leerer nickte und erwiderte bestimmt: "Ja, aber liess g e n a u, was da steht." "Ach, so! >Beweisen sie den Fall: derision ist Konfusion ist richtig<" las Peterchen und hob seinen Kopf sah den Leerer steif dastehen, mit hinter dem Rücken verschrenkten Armen. "NEIN, stimmt nicht!“ fuhr er ihn an. „Lies genau, was da steht.“ Peterchen blickte wieder ins Buch und las mit dem Finger über die Zeilen gehend, so deutlich er konnte: " >Beweisen sie den Fall: derision ist Konfusion, ist richtig<" "Junge, da steht: >Beweisen sie den Fall: derision ist Konfusion, ist richtig Divison sounds like derision is right. Multiplicationem sounds like uglification is right."

Plötzlich fiel neben Peterchen eine Tafel vorbei. Peterchen konnte noch darauf die Formel geschrieben lesen:
>a sounds like b is right.derision bedeutet Verspottung ist richtig. Uglification bedeutet H ä s s l i f i k a t i o n ist richtig."

Kaum wurde das gesagt, schon schwebte ein zweiter Tafel herbei, wo drauf stand:
> b bedeutet c ist richtig.awie b klingt; und b, c bedeutet; kann aus a, c werden?"

"Ja!" rief Peterchen, ohne zu überlegen. Sein Kopf tat vom Anschlag der Form: L noch weh.

"Falsch! schimpfte der Arithmeertik-Leerer, und schwang den Stab. Peterchen duckte sich, um dem Schlag auszuweichen.

"Nein,nein,nein, alles falsch. Sechs Petralice. Setzen!"
"Aber, wo soll ich mich denn hinsetzen?" fragte Peterchen und er zog wieder das Kleid zu seinen Knien, das immer wieder hochrutschte. Er fiel immer noch. Immer noch ging es tiefer und tiefer und tiefer. "Nimmt das denn überhaupt kein Ende?" fragte sich Peterchen. "Noch länger kann ich das nicht aushalten, mir platzt gleich der Schädel? Ich will nicht noch eine Tafel, der mir gegen den Kopf knallt!" >KLATSCH!< "Aua!" rief Peterchen. Ihm flog ein Buch an den Kopf. Jetzt fuchtelte der Leerer mit dem Stab: "Hör mir zu!" schrie er und stellte nochmals die Frage: "Wenn a gleich b ist und b gleich c, ist dann a gleich c?"

"Ja," sagte Peterchen wieder. Er hatte gar nicht aufgepasst und einfach nur so "Ja" gesagt, in der Hoffnung es könnte stimmen, und der Leerer würde ihn in Ruhe lassen.

Doch dieser erwiderte erbost:
"Antworte nicht ohne nachzudenken, Petralice" und schwang den Rohrstock: "Komm! sag mir das Ergebnis von a gleich c auf!"
Peterchen wiederholte, um sicher zu gehen, ob er den Lehrer richtig verstanden hatte:
"Sie meinen jenes a gleich c -- DAS 'a-gleich-c-ist-richtig', -- a gleich c?"
"Richtig", sagte der Leerer.
"Meinen sie jetzt: "a gleich c ist richtig, richtig" oder nur ein einfaches "a gleich c ist richtig"?"
"Peter, schindt nicht Zeit, um nachzudenken, sag mir die richtige Antwort auf die Frage: a gleich c ist richtig"
"Also, Sie meinen kursiv a gleich fettgedrucktes c ist richtig?"
"JA!" schrie der Lehrer.

Und Peterchen sagte die Antwort denkend:"Multiplication ist Schmutzifikation und Division ist Verspottung."
"Und? Wahr oder falsch?"
"Falsch!" schoss es aus Peterchen heraus.
"Na siehst du. Zuerst nachdenken, dann reden. Geht doch!"
"Es ist falsch, weil ihr Beweis falsch ist, deshalb!", kritisierte Peterchen den Geleerten.
"Falsch ist auch die Konklusion: derision ist gleich Konfusion", stellte er fest und fügte hinzu:
"Denn richtig ist: derision ist Verspottung."

"Falsch, falsch, falsch! Was du sagst ist falsch. Derison ist gleich Konfusion ist richtig!!!
Richtig, richtig! Sag mir doch nach:
division ist derision und Division ist Konfusion.
und weil division gleich Division ist, folgt daraus, dass derision gleich Konfusion ist,
und nicht Verspottung. Da ist nirgendwo Verspottung drin. Da is nur Konfusion!

"Sie, machen mich ganz konfus." sagte Peterchen. Wollte der Leerer ihn nur verwirren, um von seinem Fehler abzlenken? Es hatte den Anschein, den er redete unaufhörlich weiter:

"DEINE Beweissführung ist falsch. Wir machen hier den Klangbeweiss: 'was du sagst ist richtig', und nicht den Sinnbeweiss, was du denkst.
Verstehst du? Nur was genauso klingt ist auch richtig richtig, und nicht was es bedeutet. Denn was genauso bedeutet ist falsch. Verstehst du es jetzt!?“
"Nein, tue ich nicht!" sagte Peterchen t-rotzig.

Der Leerer atmete tief ein:
"Jetzt im Klartext! Wir wenden nun semantielle Apographie an. Kurz: s.A.g. Denn, das ist die simpelste Art, um Konfuses, zu ent-deffizilisieren."
"Zu ent-desinfizieren?" wunderte sich Peterchen und hörte den Leerer bestimmt sagen:
"Die Regel von Konfusius besagt:
E ist die Folge von OW, daraus folgt: Du musst aus OW, E folgern, und nicht aus WO, E..."
"Versteh ich nicht. Können Sie das deutlicher sagen?"

"Natürlich. Also: E(rtern) ist die Folge von O(h!) & W(eh!), daraus folgt: Du musst aus O(h!) W(eh!),
E(rtern) folgern, und nicht aus W(eh!) O(h!), E(rtern)..."

"Aus W O, Ertern folgern? --- Versteh ich nicht! Ich versteh es nicht! Können Sie das nicht mit anderen Wörtern sagen?"
"Sicher:
d ist die Folge von ba, daraus folgt: Du musst aus ba, d folgern, und nicht aus ab, d..."

Nach einer langen, langen Überlegung erwiderte Peterchen:
"Wieso, ich habe doch aus ab, c gefolgert."
"Nein, nein, nein, alles Falsch. Nicht aus dem ABC folgern. Du musst das, was du denkst und das was du sagst trennen? Was du sagst ist richtig und nicht was du denkst."
"Wieso? Sind beide nicht dasselbe" sagte Peterchen. Oder er dachte es, er wusste es nicht.
"Ist doch auch egal! Denken und reden ist doch dasselbe", sagte Peterchen zu sich, dann zögerte er, als er überlegte: "Aber, manchmal sage ich: 'Ja, es hat lecker geschmeckt' und denke: 'Was für ein ekliger Frass.' Vielleicht ist denken und reden doch nicht dasselbe."

Dann fragte Peterchen den Lehrer: "Sie denken, was man sagt ist richtig, und nicht, was man denkt. Und ich sage: Was wäre, wenn das, was man denkt, richtig ist, und nicht das, was man sagt?"

"Nein, nein, nein, alles Falsch. Ich sage, was man sagt ist richtig, und nicht, was man denkt.
Und wenn du denkst, dass, das, was man denkst, richtig ist, und nicht das, was man sagt. Dann denkst du Falsch. Komm, sag es noch Mal: Nur das, was man sagt ist richtig, nicht was man denkt.
Aber vermische ja nichts! SAG: Was ist Schmutzifikation?"

`I never heard of "Uglification,"' wagte Peterchen laut zu sagen und redete einfach weiter:
"`What is it?' The Gryphon lifted up both its paws in surprise. `What! Never heard of uglifying!' it exclaimed. `You know what to beautify is, I suppose?' `Yes,' said Alice doubtfully: `it means--to--make--anything-- prettier.' `Well, then,' the Gryphon went on, `if you don't know what to uglify is, you ARE a simpleton.' ""Simpleton" sagte Peterchen nochmal, >sssssmple- tonnnn<>Sssssmple- tonnnn<>Was habe ich da gesagt?<>Das mit Alice, hat mir gereicht, jetzt habe ich keine Lust noch mehr Sachen zu sagen, von dem ich keine Ahnung habe<>Ali redet oft merkwürdige Sachen, er sagt Dinge, von denen er keine Ahnung hat. Aber ich bin nicht Ali. Ich gebe nicht vor, dass ich das, was ich sage verstehe, auch wenn ich es nicht tue. Aber Ali. Er gibt vor, Sachen zu wissen, von der er keine Ahnung hat und sagt gerne: 'Beim Barte des Bacchus! Dieses Ambrosia ist ja ein wahres Aphrodisiakum!'
Und wenn wir ihn fragten, was es bedeutet sagte er nur: 'Ach, ihr versteht es ja sowieso nicht.' Und ich bin mir sicher, dass er es selber nicht verstand, was er da sagt. Vielleicht redet er auch was anderes, als was er denkt<, dachte Peterchen und sagte laut: "Ben bir Keloglanim...." und wollte eigentlich was ganz anderes sagen. >Jetzt, rede ich wieder was ganz anderes, als was ich sagen will. Nein ich sage schon, was ich sagen will, aber sage nicht das, was ich denke. Und ich verstehe nicht mal das, was ich da sage. Aber ich merke mir diesen Satz und sage es Ali. Da wird er aber Augen machen, wie ein Rindvieh und mich fragen: 'Was sagst du denn da?!" und dann werde ich ihm antworten: 'Ach, das verstehst du sowieso nicht.' Ich sage es mal laut, um es mir zu merken<
und er sagte es auch ganz laut, ja er schrie es förmlich, das es von den Wänden hallten:
"Ben bir Keloglanim, deli doluyum, garibim."
Er wiederholte es immer wieder. Er musste es sich merken. Das Gesicht von Ali hätte er jetzt allzu gerne gesehen. Wie ein Ochse vorm Berg würde er glotzen.

"Muuuuuooooaaah!" hörte Peterchen und er redete in Gedanken weiter: "Ja, wie ein Ochse, genauso wird er gucken!"
Wieder ein: "Muuuuuoooaaah!" und Peterchen erschrack. Genau vor ihm stand ein Ochse und muhte ihn an. Da fiel ihm der Arithmeertik-Leerer ein. Der hiess doch "Herr Ochsenknecht." Wo war der denn? War er nicht mit ihm gefallen? "Herr Ochsenknecht?" rief Peterchen "Sind sie auch gefallen? Haben ihnen meine Antworten nicht gefallen? Bitte tun sie mir den Gefallen und seien sie nicht mehr da!.... Herr Ochsenkneeeecht!?" rief Peterchen und suchte den Leerer.
"Muuuuuuoooooaaah" brüllte der Ochse, und Peterchen zuckte zusammen. Der Arithmeertik-Leerer war weg. "Herr Ochsenknecht? Sind sie das?", fragte Peterchen den Ochsen,
"Der Lehrer ist nicht da und dafür steht der Ochse da. Das muss er sein. So dumm, wie er sich angestellt hat. Ja, so dumm wie ein Ochse. Haha! Sind sie ein Ochse geworden, Herr Ochsenknecht?" "Mmmmmmhuuuuuooooaaaaah" brüllte der Ochse wieder. "Ja, ja, das geschieht ihnen recht, Herr Ochsenknecht." sagte Peterchen und tätschelte den Kopf des Ochsen. "Mmmmhuuuuuuoooooooaaaaah!" brüllte dieser. "Oh, sollte ich doch lieber, Herr Ochse zu Ihnen sagen, Herr Ochsenknecht!? Wo sind wir nur hier gelandet, Herr Ochse" Peterchen sah sich um.
"Ach, es ist ja nicht mehr alles so dunkel. Schau, da ist sogar ein Fenster, aber er hat gar keine Scheiben!" Jetzt erst bemerkte Peterchen, wo er war. Weder war er unten am Brunnen angelangt, noch war er unten rausgeplumpst. Er war in einem Stall. Ein kleiner, brüchiger Stall, aber ein Stall. Weder der Antipatenland, noch der Mars oder der Mond. Einfach ein schäbiger kleiner Stall mit einem Ochen drinnen. Sonst nicht. Er und noch ein Ochse. Da war nicht mal Heu, das er dem Ochsenleerer zu fressen geben konnte.
Während er sich darüber so wunderte, ging plötzlich die Tür auf und eine alte Frau stand an der Schwelle und sagte in einer Sprache, das Peterchen nicht verstand:
"Mein Sohn, komm doch bitte zu deiner Mutter. OğlumKeloğlan! hadi gelsene annenin yanına!"
Das Wort Keloğlan, verstand Peterchen, zumindestens kam es ihm bekannt vor. "Habe ich das nicht vorhin über mich selbst gesagt, als ich mit der Hand über meinen Glatztkopf streichte." überlegte Peterchen und starrte dabei stumm und ratlos die alte Frau an.

Sie rief wieder zu ihm: „Oğlum! Keloğlan! Gelsene!“ Ne bakiyon öyle?"
Jetzt wurde Peterchen klar, dass er ein Junge war. Ein Junge ohne Haare.
"Wenigstens bin ich ein Junge.", dachte Peterchen. "Weder ein Kater, noch ein Mädchen."